Klare Kante gegen die AfD: Der SPD-Parteitag hat die Vorbereitung eines AfD-Verbotsverfahrens gefordert. Die Delegierten beschlossen am Sonntag einstimmig in Berlin einen entsprechenden Antrag des Parteivorstands. Er sieht die Einsetzung einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe vor, die Belege für die Verfassungswidrigkeit der Partei sammeln soll. Bei ausreichendem Material soll „unverzüglich“ ein Verbotsantrag beim Bundesverfassungsgericht gestellt werden. Führende Vertreter des Koalitionspartners Union reagierten skeptisch bis ablehnend.
Nach intensiver Debatte verabschiedeten die Delegierten einen Antrag, der die AfD als „klar rechtsextremistisch“ bezeichnet. Die Belege für eine Verfassungswidrigkeit seien „erdrückend“, heißt es. Die SPD werde sich deshalb „auf allen Ebenen für die Einleitung eines Verbotsverfahrens gegen die AfD vor dem Bundesverfassungsgericht“ einsetzen.
Es sei „demokratische Aufgabe“ der SPD, das Instrument des Parteiverbotsverfahrens zu nutzen, „um die Verfassung zu schützen“, sagte SPD-Chef Lars Klingbeil. Wenn der Verfassungsschutz die AfD als rechtsextreme Partei einstufe, „dann darf es kein Taktieren mehr geben“. Klingbeil warf der Union vor, dass sich ein solches Taktieren hinter mancher Äußerung aus ihren Reihen verstecke.
Die bisherigen Erkenntnisse reichten aus seiner Sicht nicht für ein Verbotsverfahren, sagte der erste parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Steffen Bilger (CDU), der Funke Mediengruppe. Er verwies auf die „hohen rechtlichen Hürden“ für ein Verbotsverfahren. Alles weitere werde nun in der Koalition besprochen.
„Statt an einem Luftschloss zu bauen, sollte die SPD besser mit voller Leistung daran arbeiten, dass wir gemeinsam die Probleme lösen, die die AfD groß gemacht haben“, sagt CSU-Landesgruppen-Chef Alexander Hoffmann der „Augsburger Allgemeinen“ (Montagausgabe). Der Koalitionsvertrag biete dafür eine gute Grundlage. „Erste Pflöcke bei der Begrenzung der illegalen Migration haben wir gesetzt“, sagt Hoffmann. „Diesen Weg werden wir fortsetzen.“
Unterstützung aus der Union kam am Sonntag lediglich vom Vorsitzenden des CDU-Sozialflügels CDA, Dennis Radtke. „Der Schritt ist richtig“, sagte er dem „Tagesspiegel“. „Die AfD muss mit allen Mitteln des Rechtsstaats bekämpft werden.“ Radtke verwies darauf, dass sich die CDA schon vor Wochen für ein Verbotsverfahren ausgesprochen habe.
CDU-Kanzler Friedrich Merz hatte sich immer wieder skeptisch zu einem Verbotsverfahren gezeigt. „Das riecht mir zu sehr nach politischer Konkurrentenbeseitigung“, sagte er etwa Mitte Mai der „Zeit“.
Die AfD sei eine völkische, menschenverachtende Partei, deren Ziel es sei, „unsere Demokratie zu beseitigen“, argumentierte dagegen der thüringische SPD-Innenminister Georg Maier, der den Antrag auf dem Parteitag begründete. Es sei deshalb an der Zeit, die Möglichkeit eines Parteiverbotsverfahrens zu nutzen. Er wies dabei Warnungen zurück, das Verfahren könne wie im Falle der NPD scheitern. Er sei inzwischen der Meinung, „dass das Risiko, nichts zu tun, deutlich größer ist als das Risiko, vor Gericht eine Niederlage zu kassieren“.
Juso-Chef Philipp Türmer sah seinerseits gute Chancen für ein erfolgreiches Verbotsverfahren. „Die Beweislast gegen die AfD ist inzwischen so erdrückend, dass alle demokratischen Kräfte in diesem Land es sich nicht länger erlauben können zu abzuwarten“, sagte er der Funke Mediengruppe.
In dem SPD-Beschluss heißt es auch, dass ein Verbot „in keiner Weise die politische Auseinandersetzung mit ihrem Gedankengut“ ersetzen könne. Eine Parteiarbeitsgruppe soll deshalb ein Konzept entwickeln, um der Politik der AfD inhaltlich und praktisch etwas entgegenzusetzen. Ziel der SPD soll es dabei sein, AfD-Wählerinnen und -Wähler dauerhaft zurückzugewinnen.
Auch Unions-Vertreter Bilger warb für eine politische Auseinandersetzung mit der AfD: „Wir sind uns mit der SPD einig, dass wir möglichst viele der zehn Millionen AfD-Wähler wieder für die politische Mitte gewinnen wollen, indem wir konkrete Probleme lösen“, sagte der Parlamentsgeschäftsführer. „Denn Frust lässt sich nicht verbieten.“
Die AfD war bei der Bundestagswahl im Februar zweitstärkste Kraft nach der Union geworden und hatte dabei auch von einer starken Wählerwanderung von der SPD profitiert, die ihr schlechtestes Ergebnis seit Gründung der Bundesrepublik einfuhr. Die AfD ist zudem in 14 von 16 Landesparlamenten vertreten und vielfach in Ostdeutschlands stärkste Kraft.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz hatte die AfD im Mai als „gesichert rechtsextrem“ eingestuft. Die Partei hatte dagegen per Eilantrag Beschwerde beim Verwaltungsgericht Köln eingereicht. Für die Dauer des Verfahrens behandelt der Bundesverfassungsschutz die AfD nun vorerst weiter als rechtsextremistischen Verdachtsfall.
In vier Bundesländern wird die AfD von den dortigen Verfassungsschutzbehörden bereits als gesichert rechtsextremistisch eingestuft. Dies sind Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Brandenburg.