Anschlag auf Stadtfest: Solinger Terroranschlag: Langjähriger IS-Terrorist?

Hat sich der geständige Messerattentäter von Solingen in kurzer Zeit radikalisiert, oder war er schon in Syrien beim IS? Dieser Frage hat sich das Gericht nun angenähert.

Im Prozess um den Terroranschlag von Solingen ist das Gericht Hinweisen auf eine langjährige IS-Zugehörigkeit des Angeklagten nachgegangen. Ein Zeuge hatte sich in Lübeck bei der Polizei gemeldet und BKA-Beamten erzählt, dass der Angeklagte mit ihm verwandt sei und bereits in Syrien zur Terrormiliz Islamischer Staat gehört habe. Dort sei er bei der Religionspolizei für Strafaktionen wie Köpfen und Hände abhacken zuständig gewesen. 

Zunächst hatte der Zeuge am Freitag aber nicht aussagen wollen und das Gericht ihm mit Beugehaft drohen müssen. Er würde mit einer Aussage seine Eltern in Syrien gefährden und deren Ermordung riskieren, sagte er. „Das hätten sie sich vorher überlegen sollen“, sagte der Vorsitzende Richter. Ihm stehe kein Aussageverweigerungsrecht zu.

Widerspenstiger Zeuge

Die Situation habe sich seither geändert, entgegnete der 30-Jährige. Als er sich bei den Behörden gemeldet habe, sei noch das Assad-Regime in Syrien an der Macht gewesen. Inzwischen gebe es neue, gefährliche Machthaber. Er selbst habe den Angeklagten in Syrien mit einer Kalaschnikow AK 47 über der Schulter und einer Tüte voll Geld gesehen. 

„Der Typ aus Solingen ist der Sohn meines Onkels“, hatte er den Behörden mitgeteilt, demnach wäre er sein Cousin. Später hatte er gesagt, sein Vater sei ein Cousin des Vaters des Angeklagten. „Wir sind ein großer Clan“, sagte der 30-Jährige am Freitag. Er trägt denselben Nachnamen wie der Angeklagte und ist im Gefängnis in Neumünster in Schleswig-Holstein inhaftiert. Warum, wurde nicht bekannt. 

Von wem genau er die Informationen für die IS-Zugehörigkeit des Angeklagten in Syrien habe, sagte er nicht. Verwandte hätten ihm dies erzählt. Die Verteidigung sprach von Hörensagen und beantragte vergeblich, die Vernehmung zu beenden. 

Freund und Zimmernachbar gibt sich ahnungslos

Zuvor hatte der Zimmergenosse des geständigen Attentäters die Geduld des Gerichts und der Bundesanwaltschaft strapaziert. Der 29-Jährige behauptete, obwohl er den Angeklagten seit acht oder neun Jahren noch aus Istanbul kennt und mit ihm befreundet war, habe er mit ihm nie über Politik oder Religion gesprochen. Issa al H. sei nicht religiös und nicht an Politik interessiert gewesen.

Gericht und Ankläger schienen ihm dies nicht zu glauben: Nach dem Anschlag habe er einem anderen Zimmernachbarn gesagt, sollte jemand nach dem Angeklagten fragen, solle der sagen, er sei in Paderborn. Warum er einen Zimmernachbarn angewiesen habe zu lügen, wollte der Vertreter der Bundesanwaltschaft wissen. „Wir wollten erst selbst klären, wo er ist“, behauptete der Zeuge. 

Verdächtiges Handy-Bild

Zudem wurde im Prozess bekannt, dass auf dem Handy des Angeklagten ein Bild der Flüchtlingsunterkunft in Paderborn gesichert wurde, mit dem Satz: „Seid ihr auch stolz darauf, zu Daesh zu gehören?“ Daesh ist ein Synonym für die Terrormiliz Islamischer Staat. 

Die Bundesanwaltschaft wirft dem Syrer Issa al H. (27) dreifachen Mord und zehnfachen versuchten Mord vor. Zudem soll er IS-Terrorist sein. Die Terrororganisation Islamischer Staat hatte den Messeranschlag für sich reklamiert. Der 27-Jährige hatte gestanden, den Anschlag begangen zu haben, zum Vorwurf der IS-Mitgliedschaft schweigt er.

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