Lorenz hatte Reizgas und ein Messer dabei, als er von Polizisten gestoppt wurde. Wenig später ist er tot. Kann das verhältnismäßig sein? Der Anwalt der Familie hat eine klare Erwartung an die Justiz.
Oldenburg (lni/dpa) – Nach den tödlichen Polizeischüssen auf den 21-jährigen Lorenz in Oldenburg erwartet der Anwalt der Familie einen Gerichtsprozess. „Ich hoffe und gehe davon aus, dass Anklage erhoben wird“, sagte der Jurist und Kriminalwissenschaftler Thomas Feltes der „Nordwest-Zeitung“. Ein baldiger Prozess wäre wünschenswert für alle Beteiligten. „Das gilt neben der Familie des Getöteten auch für den Polizeibeamten“, so Feltes. Gegen den 27-Jährigen wird wegen Totschlags ermittelt.
Der Polizist hatte den Deutschen in der Nacht zu Ostersonntag in der Oldenburger Fußgängerzone erschossen. Nach den bisherigen Erkenntnissen steht fest, dass der Beamte fünfmal in Richtung des jungen Mannes schoss und ihn mindestens dreimal von hinten in Oberkörper, Hüfte und Kopf traf. Zudem wurde der Schwarze möglicherweise durch einen Streifschuss am Oberschenkel verletzt. Lorenz starb im Krankenhaus.
Warum der Beamte von hinten auf den jungen Mann schoss, ist unklar. Der Beamte und sein Kollege wussten, dass Lorenz zuvor vor einer Diskothek Reizgas gegen andere Menschen versprüht hatte und ein Messer bei sich trug.
Jurist: Verhältnismäßigkeit stimmt nicht
„Pfefferspray rechtfertigt keinen Schusswaffeneinsatz“, sagte der Jurist Feltes der „Nordwest-Zeitung“. Da stimme die Verhältnismäßigkeit nicht. „Es muss eine Gefahr für Leib und Leben bestehen.“ Dass Lorenz ein Messer dabeihatte, sei für die Bewertung der Schussabgabe juristisch nicht relevant.
Die beiden Polizeibeamten im Einsatz wurden kurz vor der Begegnung mit dem 21-Jährigen über dessen Messer informiert. Sie wurden darauf hingewiesen, auf die eigene Sicherheit zu achten. Dem Anwalt Feltes zufolge bedeutet dies, dass die Polizisten etwa Abstand zur Person halten. Den Einsatz der Schusswaffe rechtfertige die Information nicht. „Das wäre nur der Fall, wenn es zu einem Angriff mit dem Messer kommt“, so der Jurist.
Die Ermittlungen unter Leitung der Staatsanwaltschaft laufen auf Hochtouren. Wann sie abgeschlossen werden, ist unklar. Der gewaltsame Tod des jungen Mannes machte viele Menschen traurig und fassungslos – weit über die Grenzen der niedersächsischen Stadt hinweg. Nach der Tat kam es zu Demonstrationen für eine lückenlose Aufklärung und gegen Polizeigewalt.