Das dreijährige Mädchen kannte viel Gewalt und wenig Liebe: Gegen die Mutter und den drogensüchtigen Stiefvater wurden wegen des Todes des Kindes in einem Indizienprozess harte Strafen verhängt.
Körperliche Gewalt, psychischer Druck und katastrophale Lebensumstände: Ein dreijähriges Mädchen stirbt zum Jahresende 2020 qualvoll in Bad Blankenburg. Die Mutter des Kindes und der drogensüchtige Stiefvater sind dafür nun wegen Mordes durch Unterlassen und schwerer Misshandlung von Schutzbefohlenen zu hohen Haftstrafen verurteilt worden.
Das Landgericht Gera verhängte gegen den 30-Jährigen eine lebenslange Freiheitsstrafe und gegen die 23-Jährige eine Jugendstrafe von achteinhalb Jahren. Außerdem stellte das Gericht bei dem Mann die besondere Schwere der Schuld fest. Damit kann der er nicht nach 15 Jahren vorzeitig aus der Haft entlassen werden.
Das kleine Mädchen war Ende 2020 nach Misshandlungen und Krankheit gestorben. Trotz des lebensbedrohlichen Zustandes des Kindes hatten die beiden Angeklagten unter anderem aus Angst vor dem Jugendamt und Konsequenzen keine ärztliche Hilfe geholt. Der Mann hatte die Leiche des Kindes dann unter der Terrasse einer Gartenlaube in Bad Blankenburg vergraben. „Man hat die ganze Zeit das Kind leiden lassen, ohne Hilfe zu holen“, sagte der Vorsitzende Richter Sascha Schrauber in der Urteilsbegründung.
Richter: Katastrophe hat sich lange angedeutet
Der Vorsitzende Richter sprach von einem aufwendigen Indizienprozess, der ein Drama in mehreren Akten offengelegt habe. Es habe sich daher auch nicht um ein Augenblicksversagen gehandelt, sondern um eine Katastrophe, die sich lange angekündigt hatte. Beide Angeklagten hätten den Tod des Mädchens gemeinsam zu verantworten. Die zur Tatzeit 19 Jahre alte Mutter sei zunehmend überfordert gewesen. Es habe bei den Eltern psychische Probleme, Drogenkonsum und Persönlichkeitsdefizite gegeben.
Zeugenaussagen hatten in dem seit September dauernden Prozess das Leiden des kleinen Mädchens geschildert. Demnach standen fragwürdige Erziehungsmethoden, Schläge, Brüllen und aggressives Verhalten des Stiefvaters auf der Tagesordnung. Er soll die Dreijährige unter anderem gezwungen haben, eine volle Windel zu tragen, sie zur Strafe in einen Einkaufswagen mit einer Decke gesetzt oder das abgemagerte Mädchen zum Essen gezwungen haben. Das Mädchen habe mit der Mutter, dem Stiefvater und deren gemeinsamen Baby die letzten Wochen seines Lebens in einer baufälligen Gartenlaube ohne warmes Wasser und Heizung sowie ohne Kontakt zu anderen Kindern gehaust.
Todesursache nicht mehr feststellbar
Am Ende hatte sich die Dreijährige nach Worten des Richters nicht mehr artikulieren können – ihre Haut war blass und das Kind apathisch. Woran das Mädchen, das zum Schluss offensichtlich noch einen Infekt erlitten hatte, tatsächlich starb, ließ sich auch im Prozess nicht mehr klären. Das Mädchen lag mehr als zwei Jahre unter der Terrasse der Laube in der Erde vergraben, die Polizei hatte die stark verweste Leiche Anfang 2023 entdeckt.
Der 30-Jährige hat sich laut dem Richter mit dem Verscharren der Kinderleiche der Strafverfolgung entziehen wollen. Die Mutter hatte auch nach dem Tod ihrer Tochter weiter Kindergeld für sie bezogen. Sie wurde daher auch zur Zahlung von knapp 3.000 Euro verurteilt.
Der Vorsitzende Richter sagte, die beide Angeklagten hätten nicht ihr eigenes Verhalten und ihre Verantwortung für das Kind reflektiert, sondern stattdessen immer das Mädchen zum Sündenbock gemacht. Auch hätten sie nicht die Angebote von hilfsbereiten Dritten angenommen. Die Mutter sei von dem drogenabhängigen Partner dominiert worden und aufgrund einer Persönlichkeitsstörung immer vor Problemen geflüchtet.
Mit dem Urteil folgten die Richter im Wesentlichen dem von der Staatsanwaltschaft beantragten Strafmaß. Die Verteidigung hatte Freispruch verlangt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.