Mit Firmenlogos in Regenbogenfarben bekennen sich viele Unternehmen zum Pride Month. Doch dieses Jahr fällt das Engagement zurückhaltender aus. Was hat das mit Donald Trump zu tun?
Egal bei welchem Wetter: Jedes Jahr im Juni feiert sich die queere Community selbst. Im sogenannten Pride Month stehen Gleichberechtigung und mehr Akzeptanz im Mittelpunkt. Dabei wird an den gesellschaftlichen Stellenwert lesbischer, schwuler, bisexueller und transgeschlechtlicher Menschen erinnert.
Auch in den Social-Media-Abteilungen vieler Firmen ist der Monat seit Jahren ein wichtiger Termin im Kalender. Auf verschiedene Weise zeigen sich Unternehmen mit der Gruppe solidarisch, auch nach außen. Besonders eine Maßnahme hat sich etabliert: auf Plattformen wie Linkedin werden die regulären Unternehmenslogos häufig durch Regenbogen-Varianten ersetzt. Man stehe für Vielfalt und Toleranz, so eine der Botschaften dahinter.
Doch bei einigen großen deutschen Unternehmen hat diese Form der Unterstützung in diesem Jahr offenbar ausgedient, wie ein Abgleich entsprechender Linkedin-Profile mithilfe des Internetarchivs Wayback Machine zeigt. So verzichtet anders als im Vorjahr beispielsweise die Lufthansa auf eine bunte Variante seines ikonischen Kranichs.
Konkrete Gründe dafür nannte ein Sprecher auf Nachfrage nicht, verwies jedoch auf „Pride-Aktivitäten in verschiedenen Ländern“, an denen der Konzern „vollumfänglich und wie geplant“ teilnehme. So sei etwa mit Regenbogenflaggen vor den Gebäuden ein „sichtbares Zeichen“ gesetzt worden, dazu beteilige man sich an Pride-Veranstaltungen an verschiedenen Standorten. „Selbstverständlich werden bei den Aktivitäten die Logos gemeinsam neben der Regenbogenflagge oder den Pride-Farben als Bekenntnis des Konzerns zu den Aktivitäten genutzt“, erklärte ein Sprecher. Die Logos behielten dabei in diesem Jahr jedoch ihre Originalfarben.
Pride Month: Auch BMW, BASF, Siemens und SAP verzichten auf Logowechsel
Damit ist die Lufthansa auf Linkedin nicht allein. Neben dem Autohersteller BMW, dem Chemieproduzenten BASF und dem Industriekonzern Siemens ist auf der Karriereplattform etwa auch das Logo von SAP unverändert geblieben. Noch im letzten Jahr hatte der Softwareriese aus Walldorf seinen weißen Schriftzug auf einem blauen Trapez mit den bunten Farben der Progress-Pride-Flagge hinterlegt.
Warum das Unternehmen dieses Mal darauf verzichtet, erklärte ein Konzernsprecher nicht. Nur soviel: SAP bleibe seinem „Engagement für Inklusion, Chancengleichheit und einem sicheren Arbeitsumfeld treu.“ Dieses umfasse etwa spezielle Mitarbeiternetzwerke sowie „über 60 Veranstaltungen“ während des Pride Months und darüber hinaus. „Echte Verbundenheit mit der LGBTQ+-Community zeigt sich durch Taten, nicht nur durch ein angepasstes Logo“, heißt es dazu aus Walldorf.
Ähnlich äußert man sich dazu auch in München bei BMW: „Ein Logo für einen Monat zu ändern, ist einfach; sicherzustellen, dass unsere Mitarbeitenden das ganze Jahr über respektiert werden und mit ihren unterschiedlichen Perspektiven und Talenten wahrgenommen werden, erfordert Engagement“, teilte eine Sprecherin. Sie verwies dazu auf interne Netzwerke und Antidiskriminierungsmaßnahmen.
Eine Sprecherin des Chemiekonzerns BASF begründete den Logoverzicht mit einem Wunsch nach „stärkeren inhaltlichen Mitmach- und Austauschmöglichkeiten“. Beiträge etwa könne die Community kommentieren, einen Logowechsel nicht. Aus diesem Grund setze das Unternehmen in den sozialen Medien in diesem Jahr auf mehr Beiträge zum Pride Month und damit mehr Interaktion mit den Usern.
Spenden für Pride-Partys rückläufig
Tatsächlich sind Firmenlogos in Regenbogenfarben schon länger umstritten. In vielen Fällen ist nicht klar, ob es dabei um ernsthafte Solidarität zur queeren Community oder lediglich um Imagepflege geht. Bereits 2021 sprachen Nutzer des Sozialen Netzwerks X von „Doppelmoral„, weil Konzerne wie etwa BMW ihr Logo nur in westlichen Ländern angepasst hatten. Möglicherweise haben manche Unternehmen mittlerweile auf die Kritik reagiert und ihr Engagement angepasst.
Zur Wahrheit gehört allerdings auch: Nicht nur auf Social Media zeigen sich Unternehmen aktuell mitunter zurückhaltender. Auch finanziell ist das Engagement in Teilen der Wirtschaft rückläufig – insbesondere in der Unterstützung für Veranstaltungen der queeren Community. Organisationen in Berlin, Köln und München berichteten kürzlich übereinstimmend von einem Einbruch der Spendengelder.
Dabei fällt vor allem der Rückzug US-amerikanischer Unternehmen ins Gewicht. Beim Berliner CSD etwa ist in diesem Jahr kein einziges US-Unternehmen als Sponsor vertreten – ein Novum. Ähnliche Beobachtungen machen auch die Veranstalter in Köln: Firmen, die sich teils jahrzehntelang engagierten, hätten sich zurückgezogen. In München zeigt sich dasselbe Bild. „Das Sponsoring geht auch bei uns zurück, was vor allem mit dem Einfluss aus den USA zu tun hat“, sagte ein Sprecher.
Hintergrund seien offenbar Vorgaben aus den US-Zentralen, beeinflusst vom politischen Klima unter Donald Trump. Der frühere Präsident hatte im Januar per Dekret DEI-Programme (Diversity, Equity, Inclusion) in US-Bundesbehörden verboten. Zugleich wurden auch Privatunternehmen unter Druck gesetzt, sich von solchen Initiativen zu distanzieren – teils sogar durch direkte Schreiben von Diplomaten an europäische Partnerunternehmen. Die Sorge, das US-Geschäft zu gefährden, bewegt offenbar einige Konzerne dazu, ihr Engagement zurückzufahren.