Der VW 181 war ein Armeefahrzeug auf Käferbasis. In den USA wurde der „Kübelwagen“ zum kultigen Spaßcabriolet. Diese Tour zeigt, wieso der „VW -Kübel“ heute noch begeistert.
Unter seiner offiziellen Bezeichnung kennt den VW 181 in den USA niemand. Hier hat er seinen Spitznamen aus den 70ern behalten: „The Thing“ – das Ding eben. Ein Auto, das aussieht wie ein Ding. Nicht schön, aber praktisch und nahezu unverwüstlich.
Der US-Name ist Programm, und dann noch diese gelbe Lackierung! Dass direkt am Flughafen in Charlotte, North Carolina, die ersten Daumen hochgehen, als der gelbe 181 vorbei knattert, wundert nicht. Dass er 1994 Nebendarsteller im Hollywood-Streifen „Speed“ mit Sandra Bullock und Keanu Reeves war, weiß kaum noch jemand. Dennoch kennen nicht nur in die Jahre gekommene Althippies das Armee-Cabrio, das technisch gesehen kaum mehr als ein VW-Käfer ist. Ein kompaktes Nutzfahrzeug für Armee, Katastrophenschutz oder Feuerwehr – dafür wurde der Viertürer mit PVC-Mütze Ende der 1960er Jahre konzipiert. Ein Offroader für vier Personen ohne viel Bodenfreiheit und ohne Allradantrieb – entstanden aus der Not, da der DKW Munga Ende der 1960er Jahre auslief und ein Nachfolger fehlte.
Das ursprünglich geplante Gemeinschaftsprojekt der wichtigsten europäischen Nationen, gemeinsam einen kostengünstigen Geländewagen für die jeweiligen Streitkräfte zu entwickeln, scheiterte. Doch daraus entstand mit überschaubarem Aufwand der VW 181, der so sehr an den Kübelwagen aus Kriegszeiten erinnerte, dass viele ihn noch heute so nennen.
Doch der VW 181 überzeugte nicht und wurde schneller als geplant von der Mercedes-G-Klasse abgelöst, die ab 1975 entwickelt wurde. Der 181er wurde von 1970 bis Anfang der 1980er Jahre in Mexiko als VW Safari gebaut, um freizeitverrückte Amerikaner anzulocken. Das gelang zwar nur in überschaubaren Stückzahlen, und die Bezeichnung Safari wurde bald vom Kosenamen „The Thing“ verdrängt, doch das kantig-kastige Etwas wurde und blieb Kult. Bis heute.
Auf kleinen Straßen durch die Südstaaten
Das spürt man auf der Tour durch die Südstaaten der USA schnell. Es geht von Charlotte aus auf einer nördlichen Route zunächst durch den Pisgah National Forest und Knoxville Richtung Westen. Nicht nur wegen der Landschaft mit ihren grünen Hügelketten und Wäldern geht es über kleine Landstraßen wie die Route 70, denn der VW 181 ist wahrlich nichts für hohe Geschwindigkeiten. Bei Vollgas wären vielleicht 70 Meilen pro Stunde drin, doch angenehmer fährt es sich zwischen Tempo 50 und 60. Dann klingt der 1,6-Liter-Vierzylinder-Boxer nicht so angestrengt wie bei wirklich hohen Geschwindigkeiten. Das Motörchen liefert ganze 44 PS und schmale 98 Nm Drehmoment
© Stefan Grundhoff / Press-Inform
In den Bergen geht es dank überschaubarer 33 kW / 44 PS und schmaler 98 Nm betont gemächlich bergauf wie bergab, und der vierte Gang lässt den schnatternden Hecktriebler durch Ortschaften wie Sparta oder Alexandria zuckeln, Namen, die man eher auf anderen Kontinenten vermuten würde. Hier und da finden sich kleine Cafés wie die „Southern Creamery“, in denen einen nicht nur ältere Autofans auf „The Thing“ ansprechen. Die gelbe Farbe ist ein Hingucker – Polizisten recken den Daumen nach oben. Gefahr durch Geschwindigkeitsüberschreitung besteht nicht. Vielleicht jubeln die Sheriffs der Neuzeit auch deshalb.
Begegnungen und Erinnerungen
„Was ist das für ein Baujahr – 72 oder 73?“, lächelt der betagte Senior, der an einem der unzähligen Seen Alabamas zu seinem Chevy-Van schlurft. „Meine Frau hatte früher auch einen. Aber natürlich nicht in Gelb.“ Auf der Tour von viereinhalb Tagen folgt der nächste Abstecher nach Memphis, Tennessee, der Music City, zum King of Rock ’n‘ Roll. Dessen Graceland-Villa mit Fahrzeugsammlung im Süden der Stadt hat nichts von ihrer Anziehungskraft verloren, ist jedoch ebenso in die Jahre gekommen wie die meisten der täglichen Besucher.
Weiter Richtung Westen geht es nach hunderten Meilen vorbei an Ortschaften mit deutschen Namen wie Stuttgart und einem kulinarischen Stopp im dortigen „Kibb’s Bar-B-Que“, bevor es über kleine Landstraßen im Niemandsland zwischen Oklahoma City und dem Großraum Dallas von Tankstopp zu Tankstopp geht. Der 40-Liter-Tank sorgt zusammen mit einer defekten Tankanzeige und einem Verbrauch von 12 bis 16 Litern Superkraftstoff auf 100 Kilometer dafür, dass man nach anderthalb Stunden kurze Pausen einlegt und sich die Beine vertritt, als wäre man mit einem Elektroauto unterwegs.
Spartanische Abenteuer im VW-Kübelwagen
Die kurzen Kunstledersitze lassen sich ein paar Zentimeter in der Länge verschieben, doch in Sachen Neigung der Rückenlehne ist nichts zu machen – nicht nur, weil auf der Nutzfläche unter den umgeklappten Rücksitzen das Gepäck festgeschnallt ist. Der Rest im VW 181 ist spartanisch, und kühle Temperaturen sorgen zusammen mit der streikenden Standheizung als einziger Wärmequelle dafür, dass das Dach meist geschlossen bleibt. Das ändert sich erst in Texas, wo es nach mehreren Steak-Zwischenstopps in Amarillo geht. Im Steakhouse „The Big Texan“ schmettert diesmal nicht Tony Christie aus den Boxen, sondern ein Country-Musiker versucht vergeblich, Weihnachtsstimmung zu verbreiten. Die Kunstledersitze lassen sich ein paar Zentimeter in der Länge verschieben, doch eine Neigung der Rückenlehne ist nicht vorgesehen
© Stefan Grundhoff / Press-Inform
Lange Zeit ist die kurvenreiche Landstraße 60 mit ihrem dünnen Tankstellennetz eine treue Begleiterin, die bei Regen und einsetzender Dunkelheit an Indianer-Reservaten und Armeestützpunkten vorbeiführt. Jenseits der 2300 Höhenmeter wird es eisig, und Winterjacke, Handschuhe und Mütze sorgen auch im Fahrzeug für Wärme. Nach einer kurzen Nacht hinter Socorro, New Mexico, erhellt sich auf einem Hochplateau in den frühen Morgenstunden das „Very Large Array“. Die Satellitenanlage besteht aus 28 Radioteleskopen mit je 25 Metern Durchmesser, die auf einer Gleisanlage verschoben werden können, um in der Abgeschiedenheit New Mexicos ins Weltall zu lauschen.
Finale Etappe nach Kalifornien
Das dortige Museum öffnet erst gegen zehn Uhr, und so geht es im kalten Yellow Thing vorbei am Apache National Forest und dem Sitgreaves Forest bei wohliger werdenden Temperaturen und abfallender Höhe Richtung Phoenix. Dort, in Arizona, kann das Dach endlich wieder nach hinten geklappt werden, und die Sonne erwärmt Innenraum und Insassen gleichermaßen.
1994 war der „VW-Kübelwagen“ Nebendarsteller im Hollywood-Streifen „Speed“ mit Sandra Bullock und Keanu Reeves
© Stefan Grundhoff / Press-Inform
Die letzte Etappe durch Steppe und Wüste zeigt in den frühen Morgenstunden nahe Scottsdale, dass die Lichter des 1973er-Thing eher Begrenzungsleuchten als echte Scheinwerfer sind. Besonders in den frühen Morgenstunden oder abends bei beschlagenen Scheiben ist die Fahrt nicht einfach, wenn der gelbe 181er zwischen Full-Size-Pick-ups und 40-Tonnen-Peterbilt-Trucks mitschwimmt. Über den Colorado River und die Grenze nach Kalifornien knattert der Boxer vorbei am Joshua Tree National Park und Twentynine Palms. Erst weit hinter dem sonnigen Palm Springs biegt das offene Trendmobil der 1970er Jahre Richtung San Bernardino und in die Millionenagglomeration des Großraums Los Angeles.
Geschafft – mehr als 2800 Meilen, fast 4500 Kilometer, hat „The Yellow Thing“ in viereinhalb Tagen durch elf Bundesstaaten zurückgelegt, einen musikalischen Abstecher zu Elvis gemacht, kurz von einem Trip nach Vegas geträumt und sich im sonnigen Kalifornien noch ein paar „Thumbs up“ der automobilen Umgebung abgeholt. Es ist schwer, in den USA einen Sympathieträger wie den VW 181 zu finden, der abseits seiner ursprünglichen Bestimmung als Armeefahrzeug eine solche Karriere als Kultmobil gemacht hat und Surfern in Malibu ebenso gefällt wie den jung gebliebenen Autofans in den Südstaaten.