Staatsoberhaupt: Spannende Präsidentenwahl in Polen – zittern um jede Stimme

Es bleibt eng bei der Stichwahl ums polnische Präsidentenamt. Bei den jüngsten Prognosen liegt nun der rechtskonservative Kandidat einen Hauch vorn. Noch ist nichts entschieden.

Bei der Stichwahl um das Präsidentenamt in Polen zeichnet sich weiterhin ein Kopf-an-Kopf-Rennen ab. Nach aktuellen Prognosen erhielt der rechtskonservative Kandidat Karol Nawrocki 50,7 Prozent der Stimmen, auf den liberalen Kandidaten Rafal Trzaskowski entfielen demnach 49,3 Prozent der Stimmen. Die Wahlbeteiligung lag demnach bei 71,7 Prozent.

Die Prognosen beruhen auf der Grundlage von Nachwahlbefragungen in 500 Wahllokalen und Teilauszählungen in 250 dieser Wahllokale. Nach Angaben des Meinungsforschungsinstituts Ipsos haben diese detaillierten Prognosen eine Fehlertoleranz von einem Prozentpunkt. Hochrechnungen wie in Deutschland gibt es in Polen nicht. Das offizielle Endergebnis wird nach Angaben der Wahlkommission am Montagvormittag vorliegen.

Die ersten Prognosen gleich nach Schließung der Wahllokale hatten Trzaskowski mit leichtem Vorsprung in Führung gesehen. Beide Politiker zeigten sich am Wahlabend vor ihren Anhängern siegessicher. Trzaskowski sprach direkt nach der Bekanntgabe der ersten Prognosen von einem Erfolg. „Wir haben gewonnen, auch wenn ich glaube, dass der Ausdruck „auf der Rasierklinge“ in die polnische Sprache Einzug halten wird“, sagte der 53-Jährige unter dem Jubel seiner Anhänger. Bei der Wahlparty von Nawrocki war die Stimmung zunächst deutlich gedämpfter. Er appellierte an seine Anhänger, die Hoffnung nicht zu verlieren. „Wir müssen in dieser Nacht gewinnen und wir wissen, dass dies geschehen wird.“

Richtungswahl in Polen

Die rund 29 Millionen Wahlberechtigten waren aufgerufen, einen Nachfolger für Präsident Andrzej Duda zu wählen. Dieser durfte nach zwei Amtsperioden nicht noch einmal antreten. 

Die Abstimmung gilt als Richtungswahl für das EU- und Nato-Land Polen. Der parteilose Nawrocki ist der Kandidat der rechtskonservativen PiS, Polens größter Oppositionspartei. Die PiS regierte das Land von 2015 bis 2023. Sie legte die Justiz an die Kandare der Politik und lag wegen dieses Eingriffs in die Gewaltenteilung im Dauerclinch mit Brüssel.

Das seit Dezember 2023 regierende Mitte-Links-Bündnis von Donald Tusk hat versucht, mit Reformprojekten vieles davon zurückzudrehen. Doch der bisherige Präsident Duda, der aus den Reihen der PiS stammt, hatte diese mit seinem Veto gebremst. Tusk hat im Parlament nicht die nötige Mehrheit von 60 Prozent, um Vetos des Präsidenten aufzuheben.

Präsident mit viel Macht

Der polnische Regierungschef hofft deshalb auf einen Wahlsieg seines politischen Mitstreiters Trzaskowski. Der 53-jährige Warschauer Oberbürgermeister gilt innerhalb seines politischen Lagers als progressiv und links. Als Staatsoberhaupt würde er Tusks Kurs stützen.

In Polen amtiert der Präsident fünf Jahre. Das Staatsoberhaupt hat mehr Befugnisse als der Bundespräsident in Deutschland. Er repräsentiert das Land nicht nur nach außen. Der Präsident hat auch Einfluss auf die Außenpolitik, er ernennt den Regierungschef sowie das Kabinett und ist im Kriegsfall Oberkommandierender der polnischen Streitkräfte. Vor allem aber kann er der Regierung mit seinem Vetorecht das Leben schwer machen.

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