Nations League: Nagelsmanns Titelplan mit Elan und Schnauzer

Vor rund 4.000 Fans startet der Bundestrainer den Portugal-Countdown. Bevor es auf den Platz geht, schwören Nagelsmann und Völler Team und Öffentlichkeit auf ihren Titelplan ein.

Die kleine Linda von der Grundschule Augustenfeld entlockte Julian Nagelsmann gleich mit ihrer Einstiegsfrage eine klare Antwort. Welchen Pokal er am liebsten gewinnen würde, wollte das junge Mädchen als Gast der Pressekonferenz der Fußball-Nationalmannschaft gerne wissen? „Am liebsten alle“, platzte es spontan aus dem Bundestrainer heraus. Aber zuerst soll es jetzt unbedingt der für die Nations League sein. 

Noch bevor es für die Nationalspieler nach ein paar erholsamen Urlaubstagen wieder in Stollenschuhen vor 4.000 Fans beim öffentlichen Training auf den Fußballplatz ging, schwor Nagelsmann das Team um Kapitän Joshua Kimmich im so lieb gewonnenen Adidas-Homeground in Herzogenaurach auf seinen Titelplan ein. 

„Natürlich wollen wir beide Spiele gewinnen, wir würden gerne den Titel gewinnen. Wir möchten unser Selbstvertrauen füttern. Wir wollen dahin kommen, Titel zu gewinnen – auch wenn es ein kleiner Titel ist“, sagte der neuerdings Schnurrbart tragende DFB-Chefcoach. Seine Spieler radelten wenig später auf blauen Rädern zum Trainingsplatz, wo die Fans schon jubelnd Spalier standen. 

Erst Portugal im Halbfinale, dann Spanien oder Frankreich im Endspiel. Das ist der kurze Fahrplan für das Mini-Heimturnier in der Pfingstwoche. Fünf Tage hat der Bundestrainer, um den 26-köpfigen DFB-Kader auf das Duell am kommenden Mittwoch (21.00 Uhr/ZDF) gegen die spielstarken Portugiesen mit ihrem inzwischen 40 Jahre alten Anführer und Topstar Cristiano Ronaldo vorzubereiten. 

Respekt ist vorhanden vor dem Auftaktgegner, aber das Nonplusultra bleibt Titelverteidiger Spanien. Da macht Nagelsmann keinen Hehl draus. „Die spanische Mannschaft hat begriffen, wie bedeutungsvoll die Nations League sein kann. Es kann so eine kleine Mini-EM sein“, sagte der 37-Jährige. 

Den Hinweis, dass die einzige Niederlage der DFB-Elf in den bislang letzten 17 Partien das mit 1:2 nach Verlängerung verlorene EM-Viertelfinale vor knapp elf Monaten war, lieferte Nagelsmann selber mit. Der Stachel sitzt noch tief. 

Nagelsmann braucht jeden Trainingstag

Nun soll eine kleine Revanche gelingen, mit dem klaren übergeordneten Ziel: WM-Sieg 2026. Denn der goldene Pokal, das erzählte Nagelsmann auch Grundschülerin Linda, ist natürlich das größte der Fußballer-Gefühle. Das Kernwort für den Bundestrainer auf dem Weg dorthin heißt „Selbstverständnis“. Und zwar Sieger-Selbstverständnis. 

„Die Lernkurve in unserer Mannschaft ist sehr groß, das Rollenverständnis ist sehr groß. Es ist das Ehrgefühl da, für die Nationalmannschaft zu spielen, aber das Selbstverständnis und Selbstvertrauen sind fragile Elemente, die man immer pflegen muss, an denen man immer arbeiten muss. Das kann man mit Siegen gegen Top-Teams“, sagte Nagelsmann. 

Im Vergleich zum Viertelfinalerfolg gegen Italien im März muss er wegen zahlreicher Ausfälle von Abwehrchef Antonio Rüdiger über Mittelfeld-Juwel Jamal Musiala bis zu Torjäger Tim Kleindienst eine überwiegend neue Startelf formieren.

Zum Glück sind aber auch wichtige Akteure zurück wie Offensiv-Ass Florian Wirtz, Mittelstürmer Niclas Füllkrug oder Torwart Marc-André ter Stegen, der nach monatelanger Abwesenheit gleich wieder Nummer-eins-Status genießt. Daran ließ Nagelsmann keinen Zweifel. 

„Na, Junge, so schnell geht’s“, sagte Rudi Völler zum Schlussmann des FC Barcelona und begrüßte ihn mit einer herzlichen Umarmung am Innenhof des Teamquartiers zwischen Pool und Sonnenliegen. Vom Bundestrainer gab es kurz darauf die Einsatzgarantie für zwei Partien. 

„Marc wird die Nummer eins sein, das habe ich schon oft betont. Ich bin sehr guter Dinge, dass er zwei Topspiele machen wird“, sagte der Bundestrainer über seinen besten Schlussmann, der vor seiner schweren Blessur letztmals im September beim 2:2 in den Niederlanden in der Gruppenphase der Nations League für die DFB-Auswahl gespielt hatte. 

Neuling Woltemade und „das Momentum“

Eine besonders heiße Personalie ist Stuttgarts Saison-Aufsteiger Nick Woltemade. Der 23-Jährige ist im Gegensatz zum zweiten Neuling, dem 19 Jahre alten Neu-Bayern Tom Bischof, nicht zum Schnuppern erstmals beim A-Team dabei. Woltemade ist trotz der Füllkrug-Rückkehr auf Anhieb ein Kandidat als Portugal-Starter, das machte auch Nagelsmann klar, ohne sich festzulegen.

„Nur Gewinner kommen hier an“, sagte Völler zu Woltemade, der zwischen seinen Stuttgarter Pokalsieger-Kollegen Deniz Undav und Maximilian Mittelstädt mit großen Augen in den Homeground marschierte.

„Nick hat das Momentum gerade total auf seiner Seite“, sagte Nagelsmann, der beim Final Four letztmals Sandro Wagner als Co-Trainer an seiner Seite hat. Der 37 Jahre alte Ex-Nationalspieler übernimmt im Anschluss den Cheftrainer-Posten beim Bundesligisten FC Augsburg – bestmöglich als Nations-League-Sieger.

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