Viele jüdische Menschen haben wieder Sorge, in Deutschland angefeindet, diskriminiert und attackiert zu werden. Der aktuelle Jahresbericht der NRW-Meldestelle bestätigt diese Befürchtungen.
Die Zahl antisemitischer Vorfälle ist in Nordrhein-Westfalen erneut stark gestiegen. Die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) NRW erfasste im vergangenen Jahr 940 Vorfälle. Das ist eine Steigerung um 42 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, wie aus dem Bericht hervorgeht.
Neben einem Fall von extremer Gewalt wurden demnach 18 Angriffe, 22 Bedrohungen, 61 gezielte Sachbeschädigungen, 56 Massenzuschriften, 228 Versammlungen, fünf Diskriminierungen sowie 549 Fälle von verletzendem Verhalten registriert. Als extreme Gewalt wertet RIAS physische Angriffe oder Anschläge, die den Verlust von Menschenleben oder schwere Körperverletzungen zur Folge haben können.
Als Massenzuschriften werden antisemitische Texte kategorisiert, die an mindestens zwei Adressaten gerichtet sind oder auf andere Weise durch massenhafte Verbreitung ein möglichst großes Publikum erreichen sollen. Auch Texte ohne explizit antisemitische Inhalte würden als Vorfälle aufgenommen, wenn sie an jüdische Adressatinnen und Adressaten verschickt werden, heißt es in dem rund 90-seitigen Bericht.
Bericht offenbart verborgenen Antisemitismus
„Der enorme Anstieg antisemitischer Vorfälle macht deutlich, dass wir entschieden gegen Anfeindungen und Übergriffe gegenüber Jüdinnen und Juden vorgehen müssen“, sagte NRW-Integrationsministerin Josefine Paul (Grüne) bei der Vorstellung in Düsseldorf. Der Bericht mache sichtbar, was häufig im Verborgenen bleibe: „Antisemitische Äußerungen oder Handlungen finden in allen gesellschaftlichen Bereichen statt, aber sie passieren nicht im luftleeren Raum.“
Ein gesellschaftliches Klima der Ausgrenzung sei nicht hinnehmbar, sagte Paul. „Die Sicherheit von Jüdinnen und Juden in Nordrhein-Westfalen ist unsere gemeinsame Verantwortung.“
Die RIAS war vor mehr als drei Jahren von der Landesregierung eingerichtet worden und präsentierte ihren dritten Jahresbericht. Ein Großteil der dokumentierten Vorfälle wurde den Angaben zufolge direkt über die mehrsprachige Meldeseite www.rias-nrw.de beziehungsweise www.report-antisemitism.de gemeldet.