Schlafstörungen: Der Kampf um erholsamen Schlaf: Was wirklich hilft

Der Neurologe Guy Leschziner über unterschätzte Ursachen von Schlafstörungen – und warum manche von uns nur vier Stunden Nachtruhe brauchen.

Guy Leschziner ist Professor für Neurologie und Schlafmedizin am King’s College in London und leitet am dortigen Guy’s Hospital eines der größten Schlaflabore Europas. In seinem Buch „The Nocturnal Brain“ (Deutsch: Nachtaktiv) erzählt er die spannenden Fälle von zwölf seiner Patientin.  

Herr Professor Leschziner, viele Menschen leiden unter Schlafstörungen. Welche Gewohnheiten oder Rituale empfehlen Sie für einen gesunden Schlaf? 
Die Grundsätze der Schlafhygiene sind recht einfach. Wenn Sie unter Schlafschwierigkeiten leiden, vermeiden Sie Alkohol, Nikotin und zu viel Kaffee. Sorgen Sie dafür, dass Ihr Schlafzimmer dunkel, ruhig und nicht zu heiß oder kalt ist. Vermeiden Sie es, Ihr Schlafzimmer für andere Zwecke als zum Schlafen zu benutzen, und bleiben Sie nicht zu lange im Bett, wenn Sie wach sind. 

Klingt recht einfach, aber dennoch schaffen wir es oft nicht. 
Wir neigen dazu, den Schlaf zu kompliziert zu machen. Das moderne Leben bietet immer mehr Ablenkungen von dem Prozess des Einschlafens. Zunehmend wird unser Bett zu einem Ort, an dem wir Netflix schauen oder im Internet surfen. Bei anfälligen Personen kann das chronische Schlaflosigkeit verursachen oder verschlimmern. Auch die Nutzung von Schlaf-Trackern macht die Sache oft nicht einfacher. 

Warum?
Für manche Menschen können die Tracker ein nützliches Hilfsmittel sein, um festzustellen, ob sie ausreichend Schlaf bekommen. Aber für Menschen, die zu Schlaflosigkeit neigen, führen sie vor allem zu mehr Stress – und Angst vor dem Schlaf. 

Welche Maßnahmen oder Therapien empfehlen Sie Menschen mit chronischer Schlaflosigkeit? 
Die Behandlung hat sich weg von Medikamenten und hin zu Formen des Gehirntrainings entwickelt. Eine kognitive Verhaltenstherapie für Schlaflosigkeit („Cognitive Behavioral Therapy for Insomnia“, CBTI) kann wieder eine positive Verbindung von Bett und Schlaf herstellen, anstelle einer von Bett und Schlafproblemen. 

Kann eine solche Therapie Medikamente ersetzen?
Es wäre falsch zu glauben, dass Medikamente keine Rolle mehr spielen. Denn für manche Menschen können sie durchaus hilfreich sein. Allerdings gibt es in letzter Zeit zunehmend Bedenken hinsichtlich eines möglichen Zusammenhangs zwischen einigen dieser Medikamente und kognitiven Einschränkungen im späteren Leben. Die Hinweise sind nicht eindeutig, und der kognitive Verfall kann auch mit der Schlaflosigkeit selbst zusammenhängen. Dennoch zögern Ärzte, diese Medikamente einzusetzen. In jüngster Zeit sind auch neue Arten von Schlaftabletten auf den Markt gekommen, die eine natürlichere Form des Schlafs bewirken. Sie unterscheiden sich von herkömmlichen Schlafmitteln, die hauptsächlich sedierend, also beruhigend, wirken.  

Welchen überraschenden Zusammenhang zwischen Schlaflosigkeit und Medikamenten haben Sie in Ihrer Praxis noch entdeckt?  
Viele Menschen wissen nicht, dass eine Reihe von Arzneimitteln Schlaflosigkeit auslösen können. Dazu gehören Medikamente wie Antihistaminika, Antidepressiva und Blutdruckmedikamente.  Diese können beispielsweise das Restless-Legs-Syndrom auslösen oder verschlimmern, eine neurologische Störung, die Menschen nachts extrem unruhig macht und sowohl beim Einschlafen als auch beim Durchschlafen stört. Bei manchen Patienten, die wir im Schlaflabor untersuchen, machen wir auch eine andere erstaunliche Entdeckung.

Das klingt spannend…
Sie schlafen zwar sieben oder acht Stunden, fühlen sich aber, als hätten sie nicht oder zu wenig Schlaf bekommen. Manchmal lässt sich das darauf zurückzuführen, dass der Schlaf unterbrochen wurde. Neuere Erkenntnisse deuten jedoch darauf hin, dass bei diesen vermeintlichen Nichtschläfern Teile des Gehirns, die mit dem Bewusstsein verbunden sind, nicht in den Tiefschlaf gehen, während das übrige Gehirn schläft. 

Brauchen denn alle Menschen die berühmten sieben bis acht Stunden Schlaf, um erholt zu sein? 
Es gibt Menschen, die kommen schon seit ihrer Jugend mit nur vier bis sechs Stunden Schlaf gut aus. Manche von ihnen tragen offenbar eines von mehreren bekannten Kurzschläfer-Genen. Dabei handelt es sich um Mutationen von Genen, die den Schlafrhythmus beeinflussen. Diese Mutationen treten in einigen Familien gehäuft auf, sind aber insgesamt sehr selten. Die meisten Menschen, die so kurz schlafen, leiden unter Schlafmangel und brauchen mehr Schlaf.  

Bergen die Kurzschläfer-Gene gesundheitliche Risiken? 
Die Betroffenen scheinen nicht unter den Folgen der kurzen Schlafzeiten zu leiden. Für die meisten von uns wären sie eher schädlich.

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