Anschlag in Magdeburg: Stadt, Betreiber und Polizei weisen Zuständigkeiten von sich

In Magdeburg wird der Anschlag aufgearbeitet. Mehrere Verantwortliche aus der Stadt werden befragt. Dabei geht es vor allem um die Überprüfung der Sicherheitsmaßnahmen. Wer war dafür verantwortlich?

Im Untersuchungsausschuss zum Anschlag auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt haben Vertreter der Stadt und der Betreibergesellschaft die Verantwortung für Mängel beim Absichern des Markt-Areals zurückgewiesen. In der mehr als zehnstündigen Sitzung stießen die Abgeordneten zudem bei den Zeugenbefragungen auf Ungereimtheiten. Es wurde deutlich, dass die beteiligten Stellen häufig jeweils andere Behörden gefordert sahen.

Ordnungsamtsleiter Gerd vom Baur wies etwa die Verantwortung für das richtige Aufstellen von Betonblöcken zum Schutz der Veranstaltung zurück. Es gebe mit Blick auf die Betonblöcke keine Zuständigkeitsregelung, sagte er im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss des Landtags. „Das existiert nicht.“

Der Täter war im Dezember mit einem Auto zwischen einer Fußgängerampel und einer Betonblocksperre auf den Weihnachtsmarkt gefahren. Im Ausschuss wurden mehrere Zeugen zur Positionierung der Betonblöcke befragt.

Widersprüche zwischen Veranstalter und Polizei

In der Praxis habe der Geschäftsführer der Betreibergesellschaft, Paul-Gerhard Stieger, die Aufstellung gemanagt, sagte Ordnungsamtsleiter vom Baur. Angeschafft wiederum habe die Steine aber die Stadt. Dies sei eine freiwillige Leistung gewesen. „Es war so gelebtes Handeln“, sagte er.

Eine Polizeibeamtin sagte hingegen zur Positionierung der Betonblöcke, wenn die Stadt Auflagen erteile, sei es auch Aufgabe der Stadt, die Einhaltung dieser Auflagen zu überprüfen. Grundsätzlich sei der Zufahrtschutz Aufgabe der Stadt und des Veranstalters, so die Polizistin.

Geschäftsführer Stieger betonte, die Abwehr vorsätzlicher Handlungen falle nicht in den Organisationsbereich eines Marktbetreibers. Für den Zufahrtschutz sei man nicht zuständig gewesen. Für die Betonsteine sei die Stadt verantwortlich, so Stieger.

Ungereimtheiten bei der Abnahme

Kritisch beleuchteten die Abgeordneten zudem die Abnahme des Weihnachtsmarkts. Eine zuständige Teamleiterin aus dem Ordnungsamt war an dem Vor-Ort-Termin am 21. November vor der Eröffnung nicht vollständig beteiligt. Die Gruppe habe sich für die Prüfung vor Ort geteilt, sagte die Mitarbeiterin der Landeshauptstadt. Eine Gruppe sei von ihr und eine von Stieger herumgeführt worden.

In einem der dpa vorliegenden Protokoll des Ordnungsamtes stellte die Mitarbeiterin zur Abnahme jedoch fest: „Festlegungen aus dem Sicherheitskonzept werden so weit erkennbar eingehalten.“ Teilgenommen haben an der Abnahme Vertreter der Stadt, der Betreibergesellschaft und der Polizei. Bei dem Termin sollten etwa sicherheitsrelevante Fragen geklärt werden.

Auf Nachfragen der Abgeordneten sagte die Mitarbeiterin, jedes Amt habe in seiner eigenen Fachkompetenz den Markt anschauen sollen. Sie habe sich darauf verlassen, dass sie entsprechende Hinweise erhalte, wenn etwas nicht in Ordnung sei. „Es wurde nichts an mich herangetragen.“ Die Verwaltungsfachangestellte bewertete das Sicherheitskonzept insgesamt als schlüssig. Mehrere Abgeordnete zeigten sich irritiert davon, dass die Mitarbeiterin die Situation vor Ort nicht energischer überprüfte.

Täter weiter in Untersuchungshaft

Kurz vor Weihnachten war der aus Saudi-Arabien stammende Taleb A. mit einem Auto über den Magdeburger Weihnachtsmarkt gerast. Dabei wurden sechs Menschen getötet und mehr als 300 weitere verletzt. Der Täter sitzt in Untersuchungshaft.

„Das Verfahren zur Genehmigung des Weihnachtsmarkts in Magdeburg erweist sich als offensichtlich unzureichend entwickelt und ausgeführt“, erklärte die CDU-Obfrau Kerstin Godenrath. Das Errichten von Sperrvorrichtungen sei nicht kontrolliert und nicht evaluiert worden. Godenrath sprach von „erheblichen Abstimmungsfehlern“.

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