Schule: Landtag billigt Dauer-Option für Real-Hauptschul-Kombination

Landesweit sinkt die Zahl der Hauptschulen. Künftig sollen in NRW Realschulen dauerhaft Hauptschulbildungsgänge anbieten können. Die Reform ist umstritten.

Realschulen in Nordrhein-Westfalen erhalten dauerhaft die Möglichkeit, einen Hauptschulzweig ab Klasse 7 einzurichten. Das sieht eine Schulrechtsänderung vor, die der Landtag verabschiedet hat. 

In namentlicher Abstimmung votierten 93 von 153 teilnehmenden Abgeordneten mit Ja und 60 mit Nein. Zuvor hatten die drei Oppositionsfraktionen von SPD, Grünen und AfD angekündigt, die Novelle abzulehnen. 

Der integrierte Hauptschulbildungsgang soll vor allem dann genehmigt werden, wenn eine öffentliche Hauptschule nicht in erreichbarer Nähe liegt. Die Zahl der Hauptschulen in NRW ist in den vergangenen Jahrzehnten drastisch gesunken. Die Zahl der 159 verbliebenen Hauptschulen sei jetzt jedoch stabil, sagte Schulministerin Dorothee Feller (CDU). Hauptschüler hätten jedes Recht auf ein angemessenes Angebot. 

FDP: „Einstieg in ein Einheitsmodell“

Von der Opposition kam heftige Kritik an dem Gesetz. „Die Realschule soll jetzt die Hauptschule mitmachen – ohne zusätzliche Ressourcen, ohne pädagogisches Konzept, ohne gesellschaftliche Debatte“, bemängelte die schulpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Franziska Müller-Rech. Das Gesetz sei „der Einstieg in ein Einheitsmodell“. Anstatt Bildungschancen zu verbessern, drohe eine Überforderung der Realschulen, die künftig zwei Bildungsgänge, zwei Lehrpläne und zwei Prüfungsordnungen unter einem Dach stemmen sollten. 

Ähnlich bewertet die SPD die Änderung, die aus ihrer Sicht vor allem Schülerinnen und Schüler im Hauptschulzweig schwächt. Lehrkräfte müssten innerhalb einer Unterrichtsstunde nun verschiedene Lerninhalte vor übervollen Klassen vermitteln – darunter werde die Unterrichtsqualität leiden, hob auch die schulpolitische Sprecherin der Fraktion, Dilek Engin, hervor. Für Hauptschüler erzeuge das gemeinsame Lernen Druck.

Eigentlich hätte die umstrittene Schulrechtsänderung bereits am Mittwoch kurz vor Mitternacht verabschiedet werden sollen. Die FDP hatte jedoch eine dritte Lesung des Gesetzentwurfs beantragt, um das Thema aus dem „Schatten der Nacht“ zu ziehen. FDP und SPD warfen der Regierung vor, sie wolle ihre Reform unter Ausschluss der breiten Öffentlichkeit durchdrücken. 

Kritik von Eltern und Verbänden

Viele Schul- und Elternverbände hatten sich ebenfalls gegen die Änderung ausgesprochen. Der Philologenverband betrachtet die Pläne als „Angriff auf das begabungsgerechte, gegliederte Schulwesen“. Der Verband Lehrer NRW, in dem viele Lehrkräfte organisiert sind, die in Haupt- und Realschulen arbeiten, warnte vor einer Überforderung für Lehrer, die in einer Klasse gleichzeitig Haupt- und Realschüler unterrichten sollen. Die Koalitionsfraktionen verteidigten ihre Novelle als zeitgemäße Anpassung. 

Bislang gibt es integrierte Hauptschulzweige lediglich als Übergangslösung an insgesamt 18 von landesweit 370 Realschulen – vier dieser Angebote laufen aus. Mit der Neuregelung wird daraus nun eine dauerhafte schulgesetzliche Bestimmung. 

Realschulen, die bereits einen Hauptschulbildungsgang ab Klasse 7 anbieten oder künftig anbieten wollen, dürfen künftig schon ab Klasse 5 damit starten. Aus Sicht des Philologen- und des Lehrerverbands NRW droht damit „das Ende der Hauptschulen und perspektivisch des gegliederten Schulsystems“. 

Laut Gesetzentwurf sind im Haushalt zunächst Mittel für 80 zusätzliche Lehrerstellen als Mehrbedarf verankert, die für insgesamt 32 Realschulen mit Hauptschulgang reichen sollen. Die FDP nannte die Ausstattung einen Witz.

Islamischer Religionsunterricht bis 2031 verlängert

Darüber hinaus werden mit der Schulrechtsänderung die Regelungen zum islamischen Religionsunterricht bis Ende Juli 2031 verlängert. Dadurch kann der islamische Religionsunterricht in Zusammenarbeit mit islamischen Organisationen fortgeführt werden, auch wenn diese keine Religionsgemeinschaften im Sinne des Grundgesetzes und der Landesverfassung sind.

„Die Landesregierung zementiert ein Modell, das längst gescheitert ist“, kritisierte die FDP. Sie fordert stattdessen, für alle Schülerinnen und Schüler, die nicht am konfessionellen Religionsunterricht teilnehmen, einen verpflichtenden Ethikunterricht einzuführen.

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