Neuaufstellung der FDP: FDP-Chef Lindner geht mit Attacken auf CDU

Nach der Pleite bei der Bundestagswahl steht die FDP vor einem Neuanfang. In seiner Abschiedsrede geht ihr bisheriger Vorsitzender nochmals in die Offensive.

Der scheidende FDP-Vorsitzende Christian Lindner hat sich mit Attacken auf die neue Bundesregierung und Kanzler Friedrich Merz (CDU) von seiner Partei verabschiedet. Es sei gut für Deutschland, dass es durch die Bundestagswahl eine Richtungsentscheidung gegeben habe, sagte er beim Bundesparteitag in Berlin. „Paradoxerweise hat die Regierung Merz aber eine andere Richtung eingeschlagen, als die Wählerinnen und Wähler vorgegeben hatten.“

„Die Wählerinnen und Wähler haben mehrheitlich gewählt: weniger Staat und mehr Freiheit. Geliefert wird jetzt: mehr Staat und mehr Schulden.“ Lindner warnte: „Wenn die Regierung Merz diese neue Fiskalpolitik nicht mit Reformen flankiert, dann wird diese Richtungsentscheidung zuerst ökonomisch wie ein Bumerang zurückkommen und danach auch an der Wahlurne 2029.“ Es sei jetzt die Verantwortung der FDP, die Reformen zu durchdenken und öffentlich einzufordern, die die Regierung Merz brauche. 

Dankbarkeit für die „großartige Reise“ mit der FDP

Lindner erhielt für seine Rede gut fünf Minuten begeisterten Beifall, was ihn sichtlich rührte. Der Abschied falle ihm nicht leicht, gestand er. Er zog eine positive Bilanz seiner gut elf Jahre an der Spitze der FDP. „Ich schaue auf eine großartige Reise mit Euch zurück. Und dafür bin ich zutiefst dankbar“, sagte er zu den Delegierten. 

Stundenlange Aussprache verzögert Wahl des neuen Parteichefs

Neuer Parteivorsitzender sollte der frühere Fraktionschef im Bundestag, Christian Dürr, werden. Seine für den Nachmittag geplante Wahl schob sich jedoch wegen der langen Aussprache über Lindners Rechenschaftsbericht immer weiter hinaus. Als neue Generalsekretärin schlägt der 48-jährige Niedersachse die Unternehmerin Nicole Büttner vor. Sie ist seit 20 Jahren Mitglied der FDP und stand bisher nicht im bundespolitischen Rampenlicht.

Parteitag ein Neuanfang und kein Nullpunkt

Lindner sagte, der Parteitag möge sich für viele Liberale wie ein Nullpunkt anfühlen. Aber: „Er ist nur ein neuer Anfang für diese großartige Freie Demokratische Partei.“

Die FDP hatte bei der Bundestagswahl am 23. Februar nur 4,3 Prozent der Zweitstimmen geholt und ist seitdem nicht mehr im Bundestag vertreten. Dies war auch schon von 2013 bis 2017 der Fall. Damals hatte Lindner die Partei erst zurück in den Bundestag und dann 2021 in die Bundesregierung mit SPD und Grünen geführt, die aber vorzeitig zerbrach.

Warnung vor Abweichung vom grundsätzlichen liberalen Kurs

Lindner sprach sich vehement gegen einen Kurswechsel als Reaktion auf die Wahlniederlage aus. „Manche raten uns, den Standort in der politischen Landschaft zu wechseln. Mein Rat ist das nicht“, sagte er. „Die Zukunft der FDP liegt nicht in einem Schwenk nach links oder rechts. Sie liegt in einer politischen und personellen Erneuerung.“

Lindner plädierte stattdessen dafür, die Partei aus ihren Grundüberzeugungen heraus zu erneuern und das ganze Spektrum liberaler Überzeugungen zu erhalten. „Wir sollten einander aber nicht erklären, was der wahre Liberalismus ist. Die FDP braucht keine Glaubenskongregation“, sagte er. Durch Vielfalt werde die FDP nicht geschwächt.

Auch der frühere Bundesjustizminister Marco Buschmann warnte vor einer Annäherung nach rechts. „Schon der Anschein, mit Rechtsextremisten zu kooperieren, beschädigt die Seele einer liberalen Partei. (…) Wer die FDP nach rechts führen will, der führt sie in den Untergang.“

Keine kritische Analyse des Wahldebakels

Eine kritische Analyse der Gründe für das Wahldebakel lieferte Lindner nicht. Er sprach nur allgemein von Fehlern und vom Verlust an Zustimmung und Glaubwürdigkeit in der Ampel-Koalition. „Das werden wir unter einer neuen Parteiführung aufarbeiten, um daraus zu lernen.“ Mit Blick auf die drei Jahre in der Ampel sagte Lindner aber auch: „Wir haben in Regierungsverantwortung getan, was in der Konstellation möglich war. Das war im übrigen gar nicht so wenig.“

Eine Abrechnung der Basis mit der Parteiführung wegen der verpatzten Wahl blieb weitgehend aus. „Die alte FDP-Führung hat versagt“, sagte die Berliner Delegierte Karoline Preisler. „Ihr seid verantwortlich, nur Ihr.“ 

Parteivize Vogel sieht FDP in existenzbedrohender Lage

Johannes Vogel, der als stellvertretender FDP-Chef ebenfalls nicht mehr antrat, sieht die Liberalen in einem Überlebenskampf. Sie seien zum zweiten Mal in ihrer Geschichte nicht wieder in den Bundestag gekommen, sagte er bei der Eröffnung des Parteitags. „Das ist ein existenzbedrohender Einschnitt. Aber diese Partei lebt.“ Vieles sei heute anders als 2013, sagte Vogel. „Aber etwas gibt uns Kraft und Orientierung. Nämlich, dass wir es als Partei schon einmal bewältigt haben. Das zeigt: Es ist möglich.“

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