Eigentlich sehen sie drollig aus mit ihrer Stupsnase und den langen Nagezähnen. Aber die Biber vermehren sich zu stark und machen Probleme. Deshalb will das Land den Abschuss erleichtern.
Weil sich die Zahl der Biber in Baden-Württemberg in den vergangenen Jahren enorm erhöht hat, sollen besonders problematische Nager unbürokratischer und leichter abgeschossen werden können. „Es gibt Stellen, da kommt man mit den bisherigen Mitteln nicht weiter“, sagte der Staatssekretär im Landesumweltministerium, Andre Baumann, der „Schwäbischen Zeitung“. Ziel einer neuen Verordnung solle es sein, den Umgang mit diesen Exemplaren schneller und pragmatischer zu machen.
Bislang prüfen die ehrenamtlichen Biber-Berater ein Problem vor Ort und stimmen sich mit den Unteren Naturschutzbehörden ab. Gibt es keine Lösung, kommen die Oberen Naturschutzbehörden in den Regierungspräsidien ins meist zeitintensive Spiel.
Baumann: Kein Rabatt bei Sicherheit
„In Zukunft soll das schneller gehen“, sagte Baumann. „Wir vereinfachen die Entscheidungswege.“ Biber sollen dann abgeschossen werden können, wenn mildere Maßnahmen nach vier Wochen nicht wirken und bedrohte Anlagen technisch nicht vor den emsigen Tieren geschützt werden können. Als problematische Stellen nennt Baumann etwa ein Hochwasserschutzbecken, eine Eisenbahnlinie am Damm und den Kanal eines Wasserwerks oder einer Kläranlage. „Da darf es bei der Sicherheit keinen Rabatt geben“, sagte Baumann. In festgefahrenen Situationen soll zudem eine neue Clearingstelle unterstützen.
BIber wurden bis zur ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Europa nahezu ausgerottet. Ab den 1970er Jahren breiteten sie sich unter anderem im Zuge von Wiederansiedlungs-Projekten wieder aus. Aus Sicht von Gegnern deutlich zu stark: Gab es vor 20 Jahren erst rund 650 Biber in Baden-Württemberg, so sind es inzwischen nach Angaben des Ministeriums weit mehr als 11.000 Tiere.
Viele Dämme entstehen über Nacht
Der Biber ist zwar streng geschützt, er baut aber vor allem an Flüssen in Oberschwaben sogenannte Burgen und staut – oft über Nacht – das Wasser. Dadurch entstehen zwar neue Biotope, die Lebensraum für andere Tierarten bieten. Die steigende Zahl von Bibern führt aber auch zu Konflikten, wenn Felder überflutet oder Straßen und Dämme unterspült werden.
In einem zweijährigen Modellprojekt hatten Umwelt- und Landwirtschaftsministerium deshalb in den Kreisen Sigmaringen, Ravensburg, Biberach sowie in Ulm und dem Alb-Donau-Kreis bis Ende 2023 erprobt, wie sich eine Tötung von Bibern auswirkt und wie dies organisiert werden kann. In vier Fällen wurden Tiere laut Ministerium nach sorgfältiger Prüfung der einzelnen Fälle getötet. In Bayern ist die Tötung von Bibern bei schweren Konflikten schon einfacher möglich.
Naturschützer sind weiter gegen den Abschuss
Naturschützer lehnen den Abschuss in der Regel weiter ab, da der Biber streng geschützt ist und seine Präsenz für die Ökosysteme wichtig ist. „Der Abschuss von Bibern löst nach Ansicht des NABU dauerhaft keine Konflikte“, sagt auch die Artenschutzreferentin des Naturschutzbund Deutschland (NABU), Alexandra Ickes. Biber hätten ein ausgeprägtes Sozialverhalten und ein striktes Reviersystem. „Die Praxis hat gezeigt: Frei gewordene Reviere werden zeitnah durch neue Individuen besetzt.“
Ickes macht vor allem die intensive Landwirtschaft für die Probleme mit Bibern verantwortlich: „95 Prozent der Konflikte treten innerhalb eines 20 Meter breiten Streifens entlang eines Gewässers auf“, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. Konflikte würden gelöst, wenn es ungenutzte Uferflächen mit mindestens zehn Metern Breite geben würde. „Das ist in Baden-Württemberg ohnehin gesetzlich vorgeschrieben.“