Die neue Bundesregierung feiert sich dafür, die Posten von 25 Beauftragten zu streichen. An Parlamentarischen Staatssekretärin aber spart sie nicht. Was machen die eigentlich?
Es gibt eine frühere parlamentarische Staatssekretärin, die an ihre Zeit in der Regierung eine besondere Erinnerung hat: Immer wieder freitags rief der Minister an, machte Unpässlichkeit geltend und bat sie kurzfristig, seine Termine am Wochenende zu übernehmen. Viele Sams- und Sonntage gingen so für Verbändetreffen oder Parteiveranstaltungen drauf. Kann man nichts machen. Denn den Chef zu vertreten, gehört zur Job-Beschreibung des Parlamentarischen Staatssekretärs – oft auf Terminen von geringer Bedeutung, mit wenig Aufmerksamkeit und langen Anfahrtswegen.
Der Posten des parlamentarischen Staatssekretärs, kurz: PStS, ist Ehre und Last zugleich. PStS sitzen auf der Regierungsbank, sind aber nicht Teil der Regierung. Die Staatsminister im Kanzler- und im Auswärtigen Amt sitzen sogar am Kabinettstisch, haben aber kein Stimmrecht. PStS sind „was geworden“, aber eben nicht Minister. Für viele ehemals Ambitionierte ist ein Job als PStS nur ein schwacher Trost, immerhin mit höherem Gehalt und einem Dienstwagen mit Chauffeur.
PStS sind als Bundestagsabgeordnete ein Verbindungsglied zwischen Parlament und Regierung – klingt gut, heißt aber auch, dass man reihenweise Anfragen der Volksvertreter beantworten und endlos lange Sitzungen im Plenum absolvieren muss. Am härtesten trifft es dabei den Haushaltsstaatssekretär im Finanzministerium, der während der Debatten über die Etats der diversen Ministerien vier Tage lang die Anwesenheit seines Hauses gewährleisten muss. Und immer wenn es doch mal spannend wird, kommt der Chef und verscheucht einen vom Platz in der ersten Reihe der Regierungsbank. Den interessantesten PStS-Job hat vielleicht Brigitte Zypries (SPD) einst im Wirtschaftsministerium gehabt. Weil Minister und Vizekanzler Sigmar Gabriel öfter mal fehlte, saß sie neben Angela Merkel. Ein Gesprächsthema dabei waren die orthopädischen Leiden beider Damen, die zufällig auch noch beim selben Arzt in Behandlung waren.
Auch im Ministerium hat ein PStS nur so viel zu sagen, wie er sich erarbeitet. Die Leitung des Hauses obliegt den beamteten Staatssekretären, meist Karrierebeamten, die jeden Fallstrick, die meisten Mitarbeiter und einige Hinterzimmer kennen. Nur wenige PStS sind für ihren Minister oder die Ministerin echte Ratgeber und Vertraute. Die meisten müssen sich ihre Themen suchen, in Absprache mit dem Chef oder der Chefin, die natürlich darauf achten, dass ein PStS ihn oder sie nicht überstrahlt.
Eingeführt wurde der Job 1967 von der Großen Koalition – angeblich zur Förderung des Ministernachwuchses. Von den rund 230 PStS seit der ersten gesamtdeutsch gewählten Regierung Helmut Kohls nach der Wiedervereinigung waren aber gerade mal 15 später auch Minister geworden. Von den meisten anderen hat man nicht mehr viel gehört. In der neuen Regierung sind es immerhin vier ehemalige PStS, die es jetzt auf einen Chefsessel geschafft haben: Katherina Reiche (CDU), Dorothee Bär (CSU), Carsten Schneider und Reem Alabali-Radovan (beide SPD).