Personalie: Entlassungsaffäre: Staatskanzlei riet von Wortlaut ab

Die Trennung von seiner Staatssekretärin begründete Minister Mansoori 2024 mit einem „nicht hinnehmbaren Fehlverhalten“. Die Formulierung beschäftigte nun den Untersuchungsausschuss im Landtag.

Die hessische Staatskanzlei hat dem Wirtschaftsministerium bei der Entlassung seiner früheren Staatssekretärin vergeblich zu einer anderen öffentlichen Formulierung geraten. Aus seinem Hause habe es Bedenken an dem Wortlaut der Pressemitteilung gegeben, als das Papier im Juli 2024 als Entwurf vorlag, sagte Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) vor dem Untersuchungsausschuss des Landtags in Wiesbaden. Er habe Wirtschaftsminister Kaweh Mansoori (SPD) geraten, die Stellungnahme zu überarbeiten.

Konkret geht es um die Formulierung, die Versetzung in den einstweiligen Ruhestand begründe sich auf einem „nicht hinnehmbaren Fehlverhalten“. Nach Einschätzung der Staatskanzlei hätte zur Entlassung der Staatssekretärin der Hinweis auf ein mangelndes Vertrauensverhältnis rechtlich komplett ausgereicht.

Streit um Elterngespräch

Mansoori begründete die Entlassung der Staatssekretärin Lamia Messari-Becker im Juli 2024 öffentlich mit einem „nicht hinnehmbaren Fehlverhalten“ im Privatleben, ohne dies näher zu erklären. Laut einem Gerichtsbeschluss wirft er Messari-Becker vor, in einem Elterngespräch am Gymnasium einer ihrer Töchter mit der Position als Staatssekretärin Druck ausgeübt zu haben – für eine noch bessere Abiturnote. Messari-Becker weist dies als falsch zurück; sie wehrt sich mit Anwälten dagegen und spricht von Rufschädigung.

Auch der Chef der Staatskanzlei, Benedikt Kuhn, berichtete als Zeuge, er habe im Wirtschaftsministerium versucht, darauf hinzuwirken, die Formulierung des „nicht hinnehmbaren Fehlverhaltens“ aus der Pressemitteilung herauszunehmen. Es habe die Befürchtung bestanden, dass dieser Wortlaut zu weiteren – auch juristischen – Auseinandersetzungen führen könnte. 

Ex-Bauamtsleiterin berichtet von Telefonaten

Die ehemalige Staatssekretärin führte laut einer Zeugin bei einem weiteren privaten Anliegen ihre hohe berufliche Position ins Feld. Messari-Becker habe ihr im April 2024 am Telefon gesagt, sie sei eine „Person der Öffentlichkeit“, berichtete die damalige Darmstädter Bauamtsleiterin im Untersuchungsausschuss

Messari-Becker habe zum Bauerweiterungsvorhaben eines Nachbarn neben ihrem Wohnhaus in Darmstadt gesagt, dieses hätte nicht genehmigt werden dürfen – „wegen Einblicknahme in ihr Grundstück“ eben als „Person der Öffentlichkeit“, ergänzte die Zeugin. Die frühere Bauamtsleiterin fuhr in dem Ausschuss fort, ein zweiter Anruf von Messari-Becker habe sie samstags am Handy beim eigenen privaten Einkauf „zwischen Schlips und Hemden“ erreicht – so ein Zeitpunkt sei ungewöhnlich für sie gewesen.

Zeuge: „Relativ unanständiges Vorgehen“

Der zuständige Darmstädter Dezernent erklärte als weiterer Zeuge, er habe jene beiden Anrufe als „relativ unanständiges Vorgehen“ empfunden und den Oberbürgermeister informiert. Dass seine entsprechende Mail später beim Wirtschaftsministerium landen würde, habe er nicht gewusst, ergänzte der Dezernent. Zufällig wohne er in derselben Straße wie Messari-Becker.

Die Ex-Staatssekretärin, die nicht in der Ausschusssitzung war, wies die Vorwürfe zurück. Das Bauvorhaben ihres Nachbarn sei schon lange zuvor genehmigt worden und sie habe nur, was ihr Recht als Bürgerin sei, um eine Prüfung der Bauausführung gebeten. „Ich habe auch keinen Widerspruch eingelegt“, betonte die Bauphysik-Professorin, die inzwischen am Karlsruher Institut für Technologie tätig ist.

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