Ob man Fußball mag oder nicht: An Hansa Rostock kommt in MV kaum jemand vorbei. Der in allen Ligen erfahrene Club kennt Höhen wie Tiefen. Die Kunsthalle widmet der „Kogge“ zum 60. eine Ausstellung.
Dass ein Fußballverein eine ganze Kunsthalle „kapert“ dürfte Seltenheitswert haben. Andererseits feiert Hansa Rostock in diesem Jahr seinen 60. Geburtstag. Grund genug für den Club und die Kunsthalle Rostock auf 2.000 Quadratmetern über zwei Ebenen die Geschichte des derzeitigen Drittliga-Vereins mit allen Ab- und Aufstiegen zu erzählen und die wechselvolle Historie mit moderner Kunst zu verbinden. Die Ausstellung „Rund und eckig & manchmal dreckig… – 60 Jahre F.C. Hansa“ wird am Samstag eröffnet.
Der Traditionsverein sei ein wichtiger Identitätsstifter für Rostock, die Region und das Land und habe dabei geholfen, den Transformationsprozess nach der Wende zu bestehen, so Kunsthallenchef Uwe Neumann. „Es ist fantastisch, dass wir den FC Hansa in Rostock haben.“ Er hat eine besondere Geschichte zu dem Club, der durch seine Ultra-Fan-Szene bei weitem nicht nur positive Schlagzeilen produziert. Wie unzählige Fans fieberte auch Neumann schon als Kind im Stadion mit. Mitte der 2000er Jahre saß er sogar im Aufsichtsrat.
Die Geschichte des Vereins, der eine Kogge im Wappen trägt, wird in der Kunsthalle auf der Fläche im Erdgeschoss erzählt. Es beginnt mit einer Art „Zeittunnel“, der die sportlichen Erfolge und Niederlagen des Vereins akribisch mit Tabellen, Statistiken und Zuschauerzahlen von der Gründung bis heute dokumentiert.
Stadionsitze proben La-Ola-Welle
Auch Fußball-Legenden wie Jürgen Heinsch, Timo Lange oder Rainer Jarohs sind in Wort und Bild zu sehen. Letzterer hält bis heute einen Rekord: „Keiner hat mehr Tore für Hansa geschossen als Rainer Jarohs“, so Hansa-Stadionsprecher Oliver Schubert, der die Vereinsgeschichte inklusive Halbzeitstände nahezu auswendig kennt, beim Rundgang durch die Ausstellung.
„Was hat das alles mit Kunst zu tun?“, stellt Neumann selbst die Frage, als er hinauf in die zweite Ebene führt, wo eine Antwort zu finden ist. „Passion rules the game“ heißt etwa eine Installation von Jan Thomaneck und Sebastian Kretzschmar. Die für die Ausstellung gefertigte Skulptur besteht aus originalen blauen Stadionsitzen, die auf einem Gerüst in Blöcken montiert sind und sich mittels Luftdruck in Gruppen oder einzeln nach oben oder unten bewegen. Es geht um die perfekte La-Ola-Welle. Sie gelingt mal mehr, mal weniger“, so Thomaneck.
Auch die hässliche Seite des Hansa-Fußballs wird nicht ausgespart. „Rowdys, Hooligans, Ultras“ lautet die Überschrift eines Ausstellungsbereichs, der nüchtern Polizeiberichte über Randale und Einsätze gegen gewaltbereite Hooligans auflistet. Daneben hängt ein riesiger Wandteppich, der zeigt, wie maskierte Fans ein Zaun erklimmen. „Auch das ist Teil der Fußballwahrheit“, so Neumann.
Ausstellung für Hansa-Fans eigentlich ein Muss
Menschen agieren in Massen unterschiedlich. Das thematisiert die knapp neun Minuten lange Videoinstallation der Künstlerin Birgit Brenner, die dafür hunderte Tusche-Bilder auf Papier anfertigte und in Videosequenzen einpasste. Zu sehen sind Figuren und Gesichter, die zunächst zögernd, dann immer schneller klatschen, bis sich alle Hände zusammenfügen. „One and all“, heißt der Titel.
Für Hansa-Fans ist die Ausstellung eigentlich ein Muss. Knapp 30.000 Mitglieder hat der Verein, und die Kunsthalle wäre nicht unzufrieden, wenn sie alle kämen. Die große Ausstellung über Udo Lindenberg, der extra ein Bild für die Hansa-Ausstellung malte, zog 2023 rund 60.000 Besucher an.
Neuer Hansa-Film ab Juli im Kino
Auch die Fans selbst gestalteten eine Wand mit einer acht Meter hohen Fotowand, die die Südtribüne mit einer gigantischen Stadion-Choreographie mit Pyrotechnik und dem Spruch „Mit breiter Brust für Hansa“ zeigt. Ausschnitte aus einem neuen Hansa-Film sind auch zu sehen. Der Jubiläumsfilm „Unsinkbar. 60 Jahre FCH“ kommt aber erst Mitte Juli in die Kinos.
Der Verein hofft, dass das Ende vielleicht noch aktualisiert werden muss. Denn der derzeitige Tabellenvierte in der Dritten Liga hat noch Chancen auf einen Wiederaufstieg in die Zweite Liga, aus der der Verein in der Saison 2023/2024 abstieg. Am Samstag geht es im Heimspiel gegen den Rivalen und Fünftplatzierten Energie Cottbus. Auch das ist ein Risikospiel.