KZ-Gedenkstätte: Gedenken an KZ-Befreiung in Dachau – „ein neues Leben“

In politisch unruhigen Zeiten wird der Befreiung des Konzentrationslagers Dachau gedacht. Überlebende des NS-Terrors schildern ihr Leid. Es gibt Dank und eine eindringliche Mahnung.

Der 29. April 1945 war ein Schicksalstag. Soldaten der US-Armee befreiten das Konzentrationslager Dachau, wo die Nationalsozialisten Menschen unter schlimmsten Bedingungen eingesperrt, gequält und ermordet hatten. „Ein neues Leben hat angefangen für uns, glauben wollten wir das nicht“, erinnert sich Abba Naor, Überlebender des Dachauer Außenlagers Kaufering. Bei einer Feier wurde nun dieses historischen Tages vor 80 Jahren gedacht, mit Erinnerung an die Opfer und Dank an die Soldaten aus den USA – und der Mahnung, die Demokratie zu bewahren.

„Mörderschule der SS“

Dachau sei das zynische Vorbild für die Nationalsozialisten gewesen und stehe am Anfang eines systematischen Terrors, der im Völkermord endete, sagte Bundestagspräsidentin Julia Klöckner. Durch Gewalt und Schikane sollten Opfer hier systematisch gebrochen werden. 

Das Lager ging am 22. März 1933 in Betrieb, wenig später gab es die ersten Morde. Mit seinen Barackenstraßen und dem riesigen Appellplatz galt Dachau als Modell für alle anderen Konzentrationslager. Zudem war es eine Ausbildungsstätte, eine „Mörderschule der SS“, wie es Historiker formulierten. So begann etwa der berüchtigte Auschwitz-Kommandant Rudolf Höß hier seine Nazi-Karriere. 

Leichenberge und der Hauch des Todes 

Bis 1945 wurden in Dachau mit seinen 140 Außenlagern mehr als 200.000 Männer und Frauen aus über 40 Ländern eingesperrt, darunter viele politische Gegner, aber auch Jüdinnen und Juden, christliche Geistliche, Zeugen Jehovas, Roma und Sinti oder Homosexuelle. Der gescheiterte Hitler-Attentäter Georg Elser war hier inhaftiert. Mindestens 41.500 Gefangene starben – an Hunger, Krankheiten, Folter, Mord, der harten Zwangsarbeit und den Haftbedingungen. 

Als die US-Armee am 29. April 1945 das Lager Dachau erreichte, bemerkten die Soldaten zunächst einen stechenden Gestank. In einem Güterzug vor den Toren lagen unzählige Leiche und dazwischen ein paar wenige entkräftete Lebende. Sie stammten aus dem KZ Buchenwald und waren gegen Ende des Zweiten Weltkrieges wochenlang durch Deutschland gekarrt worden, bis sie schließlich in Dachau landeten.

„Es brach uns das Herz“

Auch im Lager selbst fanden die Soldaten Berge von Toten und rund 32.000 Häftlinge vor, völlig ausgezehrt und zum Teil kaum mehr lebensfähig. „Was wir an diesem Tag sahen, brach uns das Herz“, beschrieb der US-Veteran Bud Gahs seine Emotionen. Er und die anderen Soldaten hätten in den Monaten zuvor immer wieder in unzähligen Gefechten im Kampf gegen die deutsche Wehrmacht ihr Leben riskiert. „Doch erst, als wir die Tore von Dachau öffneten, wurde uns wirklich klar, wofür wir gekämpft hatten.“ 

Das Geschenk der Demokratie

Bayerns Landtagspräsidentin Ilse Aigner dankte Gahs und dem US-Militär. „Sie haben die Deutschen mit der Demokratie beschenkt und wir heute sind in der Verantwortung, achtsam mit diesem Geschenk auch umzugehen.“ Heute werde wieder Stimmung gemacht. Medien und Parteien würden permanenter Lüge und Selbstbedienung bezichtigt und Wissenschaft und Gerichte als willfährige Gehilfen der Politik bezeichnet. „Es ist richtig, wenn der Verfassungsschutz bei uns genau hinschaut“, sagte Aigner mit Blick auf die Einstufung der AfD als gesichert rechtsextremistisch. 

Die Gedenkstätte in Dachau zeige den Gegenentwurf zur heutigen Demokratie und sie zeige, wozu Menschen fähig seien. „Wer nicht weiß, welche Errungenschaft unsere Freiheiten sind, der muss einfach hierherkommen“, so Aigner.

Kampf gegen Schweigen und Vergessen

Dass es den Ort gibt, ist vor allem den Überlebenden zu verdanken, die die Errichtung der bundesweit ersten KZ-Gedenkstätte vorangetrieben hatten. „Sie mussten das erstreiten gegen eine Gesellschaft, die am liebsten weiter geschwiegen hätte und so schnell wie möglich vergessen wollte“, erinnerte Bundestagspräsidentin Klöckner. 

1955 hatten sich die ehemaligen Häftlinge zur Initiative Comité International de Dachau zusammengeschlossen. Im Mai 1965 wurde die Mahnstätte tatsächlich eröffnet. Seitdem wurde vieles erweitert und umgestaltet. Rund eine Million Menschen aus aller Welt kommen jedes Jahr, um den historischen Ort mit Ausstellung zu besuchen.

Die feine Sache Leben

Unten den mehr als 1.700 Gästen der Gedenkfeier waren auch einige wenige Überlebende des NS-Terrors, außerdem Angehörige von Opfern und ehemaligen Befreiern. 

Auch der 100-jährige Naor hat seine Familie dabei. Er zeigt sich versöhnlich, obwohl seine Mutter und seine beiden Brüder ermordet wurden. Mit Rührung stellt Naor am Ende seiner Rede fest: „Trotz allem, was ich erlebt habe, bin ich der Meinung, dass das Leben eine feine Sache ist.“

Link zur Gedenkveranstaltung

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