Nachlass: Gerd Heidemann auf verdeckter Mission

Während stern-Autor Gerd Heidemann in Südamerika mit Nazi-Größen über ihre Taten plauderte, kundschaftete er heimlich ihre Verstecke für den Mossad aus. Seine Reise in Bildern.

Der ehemalige stern-Autor Gerd Heidemann ist vor allem für eines bekannt: die gefälschten Hitler-Tagebücher. 1983 hielt er seinen vermeintlich größten Fund in die Kameras. Der Skandal kostete Heidemann seine Karriere, er musste für mehrere Jahre ins Gefängnis. Der ehemalige Star-Reporter verbrachte seinen Lebensabend in eher bescheidenen Verhältnissen.  
 
Seinen Ruf konnte Heidemann nicht wiederherstellen. Dabei galt er bis zu den Tagebüchern als brillanter Reporter: Als Fotograf und Journalist berichtete er aus 13 Kriegen – und spürte NS-Verbrecher auf, die sich jahrelang erfolgreich versteckt hielten.  

Besonders eine Recherche sticht hervor: 1979 reiste Heidemann für mehrere Wochen nach Südamerika. Er wollte den Auschwitz-Arzt Josef Mengele sowie den ehemaligen Reichsminister Martin Bormann aufspüren. Dabei half ihm der frühere SS-General Karl Wolff. Er war ein enger Vertrauter Heinrich Himmlers, Verbindungsmann im Führerhauptquartier und in den letzten Kriegsjahren oberster SS-Führer in Italien. Heidemann lernte Wolff bei Recherchen kennen – und freundete sich eng mit ihm an. Heidemann nannte ihn „Wölffchen“ und machte den ehemaligen SS-General zu seinem Trauzeugen. 

Karl Wolff öffnete Heidemann die Türen zu den Nazis in Südamerika. Er gab vor, ein paar Erinnerungslücken schließen zu wollen, um seine Memoiren schreiben zu können. Heidemann sei sein Sekretär und helfe ihm dabei. Die beiden trafen in Südamerika zahlreiche NS-Größen. 

Da wäre beispielsweise Walther Rauff: Er entwickelte die mobilen Gaskammern, in denen Tausende Juden umgebracht wurden. Nun hatte er sich in Chile ein neues Leben aufgebaut. Er leitete eine Fabrik für Krabbenfleisch-Konserven in Punta Arenas und soll General Pinochets Regime bei der Folter und Ermordung Tausender Dissidenten geholfen haben. 

Oder Klaus Barbie, Chef der Gestapo in Lyon. Aufgrund seines brutalen Vorgehens gegen Partisanen nannte man ihn den „Schlächter von Lyon“. Nun lebte er in Bolivien und bildete die Sicherheitskräfte des Diktators Suárez aus.  

Die NS-Größen erzählten Heidemann und Wolff von ihren Taten im „Dritten Reich“, gaben sogar damit an – und machten keinen Hehl daraus, noch immer überzeugte Nazis zu sein. Die Gespräche zeichnete Heidemann auf. Diese Aufnahmen und unzählige weitere Recherche-Dokumente sammelte der stern-Reporter. Dieser Nachlass wurde von der Hoover-Institution in Stanford digitalisiert

Was aber weder Heidemanns Freund „Wölffchen“ noch die NS-Größen wussten: Er war in verdeckter Mission in Südamerika. Schon seit Jahren übergab er immer wieder Informationen über NS-Verbrecher an den Mossad. In Südamerika spähte Heidemann Rauff und Barbie für den israelischen Geheimdienst aus. Er fotografierte heimlich ihr Anwesen und merkte sich, wie sich der Mossad am besten Zugang zu ihnen verschaffen könnte. Ein Mossad-Agent reiste Heidemann und Wolff sogar heimlich hinterher. Denn der Mossad plante, die ehemaligen NS-Verbrecher zu eliminieren. Bei Walther Rauff hätte es fast geklappt. Sein bellender Schäferhund vereitelte den Angriff.  

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