Strafverfolgung: Ermittlungsverfahren 2024 erstmals seit Jahren rückläufig

Von Kapitalverbrechen bis Hatespeech im Internet: Die hessischen Staatsanwaltschaften haben 2024 weniger Ermittlungsverfahren eingeleitet. Die Belastung aber bleibt hoch.

Mehr als 418.000 neue Ermittlungsverfahren haben die hessischen Staatsanwaltschaften im Jahr 2024 aufgenommen. Damit sank die Zahl im Vergleich zum Vorjahr um drei Prozent und erstmals seit 2020, teilte die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt bei ihrer Bilanz-Pressekonferenz mit. Eine stichhaltige Erklärung gebe es dafür nicht, hieß es. Kleine Schwankungen könnten von vielen Faktoren abhängen. 

Mit 418.218 wurden fast genauso viele Ermittlungsverfahren im vergangenen Jahr abgeschlossen. „So konnten sich keine weiteren Rückstände aufbauen“, sagte Generalstaatsanwalt Torsten Kunze. Im Schnitt dauerten Ermittlungsverfahren 2,7 Monate und damit etwas länger als noch im Jahr 2023 (2,4 Monate). 

Mehr Ermittlungen wegen häuslicher Gewalt

Im Bereich der Kapitalverbrechen sank die Zahl neuer Ermittlungsverfahren von 536 im Jahr 2023 auf 468 im vergangenen Jahr. „Trotz der gesunkenen Zahlen erschüttern uns immer wieder Fälle von Kapitalverbrechen zum Nachteil von Frauen“, erklärte der Generalstaatsanwalt. Nicht selten gingen diesen Tötungsdelikten Vorfälle von häuslicher Gewalt voran. In diesem Bereich stieg die Zahl der Ermittlungsverfahren leicht auf 9.475 (2023: 9.282). Es sei allerdings von einem beachtlichen Dunkelfeld auszugehen. 

Im Bereich Wirtschaftskriminalität habe die Generalstaatsanwaltschaft in der Bankenmetropole Frankfurt eine Sonderstellung, hieß es. Bereits vorab teilte die Generalstaatsanwaltschaft mit, im vergangenen Jahr rund 93 Millionen Euro aus Ermittlungs- und Strafverfahren eingezogen zu haben. Diese seien hauptsächlich der hessischen Staatskasse und zum kleinen Teil justiznahen gemeinnützigen Organisationen zugeflossen. Den größten Teil an dem Betrag machten mit rund 73 Millionen Euro Schadenswiedergutmachungszahlungen in Steuerstrafverfahren aus. 

Dauerbrenner Internetkriminalität 

Auch der „Dauerbrenner“ Internetkriminalität sei im vergangenen Jahr ein wichtiges Thema für die Staatsanwaltschaften gewesen. So seien zahlreiche Plattformen vom Netz genommen worden. Auch in diesem Jahr gab es bereits Erfolge: Erst im Januar etwa wurden zwei der weltweit größten Cybercrime-Foren zerschlagen. 

Drastisch stieg die Zahl der sogenannten Kinderpornografie im Internet in den vergangenen Jahren: von 539 Fällen im Jahr 2018 auf 4.371 im Jahr 2024. Auch Hatespeech in sozialen Netzwerken bekämpften die Behörden. Bundesweit seien 2024 knapp 100 Tatverdächtige identifiziert worden, die frauenfeindliche Posts erstellt haben sollen. 

Mehr Stellen für Staatsanwaltschaften

Auch die Belastung der Mitarbeiter und die personelle Situation bei den Staatsanwaltschaften in Hessen bleibe angespannt. Steigende Komplexität der Ermittlungen in vielen Bereichen, die Intensivierung der Vermögensabschöpfung und Prüfung von Amnestiefällen im Zuge der Cannabis-Teillegalisierung hätten zu einem größeren Druck auf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geführt. 

Laut Justizminister Christian Heinz (CDU) wurde allerdings der Stand beim Personalmangel verbessert. So sollen in diesem Jahr 50 zusätzliche Stellen für Staatsanwälte und 50 weitere Stellen für Sekretariatskräfte oder Rechtspfleger geschaffen beziehungsweise an die Staatsanwaltschaften aus anderen Bereichen der Justiz überführt werden. 

Die neun hessischen Staatsanwaltschaften und die Amtsanwaltschaft Frankfurt beschäftigen den Angaben nach derzeit mehr als 1.800 Bedienstete. Darunter sind 566 Staatsanwältinnen und -anwälte sowie 142 Amtsanwältinnen und -anwälte. 

Zudem soll es ab kommenden Jahr deutlich effizienter in der hessischen Justiz zugehen: Zum Jahresende soll die elektronische Akte bei Staatsanwaltschaften in Hessen eingeführt werden. Daran werde bereits jetzt intensiv gearbeitet, sagte Kunze. Alle neuen eingehenden Verfahren ab 2026 sollen dann vollständig elektronisch geführt, die zum Start bestehenden Verfahren dagegen in Papier zu Ende gebracht werden.

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