Blackout: Als ein Radio plötzlich Gold wert war

Rund neun Stunden war die gesamte iberische Halbinsel ohne Strom. Was den Menschen am meisten fehlte, waren Informationen. Ein Deutschlehrer in Barcelona berichtet.

Um 23:07 Uhr gestern Abend schreibt mir Gerhard Werner: „Der Saft fließt wieder!“ Erleichterung nach gut neun Stunden Stromausfall auf der gesamten iberischen Halbinsel. Der größte Blackout aller Zeiten. Auch im Stadtteil Gracia in Barcelona, wo der 56-Jährige seit mehr als zehn Jahren als selbstständiger Sprachlehrer lebt und arbeitet.

Das Mobilfunknetz in Barcelona funktionierte gegen Abend ab und zu für wenige Minuten. „Schon Thema in Medien in DE?“, wollte Gerhard Werner um 17:34 Uhr von mir wissen. Denn das war es, was ihn und sicher viele Menschen am meisten zu schaffen machte: die fehlenden Informationen. „Das Netz brach schrittweise zusammen“, erzählt Werner heute früh. „Zuletzt funktionierte noch SMS.“ Und niemand wusste, was los war.

Alle standen um die Autos und wollten Radio hören

Ein Radio war plötzlich Gold wert. Mit Batteriebetrieb. Und so versammelten sich Menschen um Autos, um die Nachrichten zu verfolgen. Autofahren war zwar möglich, tanken jedoch nicht. Ein schmaler Grat zwischen Informationsbedürfnis und Entleeren der Autobatterie im Stand. „Es gab schnell Schlangen vor Geschäften, um Batterien und Kerzen zu ergattern“, erinnert sich Werner an den Blackout-Tag. Alle seien sehr ruhig und diszipliniert gewesen. Sogar der Straßenverkehr funktionierte ohne Ampeln „erstaunlich gut“.

Königlich war, wer ein noch so kleines, noch so altes Transistor-Radio samt passender Batterien hatte. Die Nachrichten daraus gingen von Mund zu Mund, „Straßen voller Fußgänger“, notiert Werner und 20:41 Uhr. Und: „Atmo ziemlich entspannt, kein Sirenengeheul, keine Panik.“ Als Gerhard Werner endlich sein altes, kleines Radio gefunden hatte, und sogar passende Batterien … floss der Saft wieder.

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