Freizeitsport: Tödlicher Surf-Unfall – Ursachensuche am Grund des Eisbachs

Eine Surferin stirbt nach einem Unglück an der berühmten Eisbachwelle. Nun hat die Aufarbeitung des Falles begonnen. Was könnten Konsequenzen sein – und wie gefährlich ist Flusssurfen?

Der Tod einer Surferin nach einem Unfall an der Eisbachwelle in München sorgt weiter für Fassungslosigkeit. Die Surferszene ist unter Schock. Die 33-Jährige war am Mittwochabend – eine Woche nach dem Unglück in dem reißenden Bach – im Krankenhaus gestorben. Nächste Woche sollen Experten am Grund des Eisbachs nach der Ursache des Unglücks forschen. 

Die Welle ist weltbekannt. Das Spektakel der Surfer, die dort zu jeder Jahreszeit und teils bis tief in die Nacht auf der stehenden Welle ritten, lockte stets auch zahlreiche Touristen an. Bisher wurden dort trotz der starken Nutzung keine schweren Unfälle bekannt. 

Was war die Ursache des Unglücks?

Auch eine Woche nach dem Unfall ist das nicht umfassend untersucht. Soweit bisher bekannt hat sich die am Knöchel der Surferin befestigte Sicherheitsleine aus unbekannten Gründen am Grund des Eisbachs verhakt. Die Frau konnte sich wegen der starken Strömung nicht selbst befreien. Auch andere Surfer scheiterten. Erst Feuerwehrleute konnten die Leine mit einem Tauchermesser durchtrennen und die Frau so aus den reißenden Fluten befreien. Woran sich die Leine oder das Brett verfangen haben könnte, ist weiterhin unklar. 

Wie geht es mit der Suche nach der Ursache weiter?

Im Raum stand tagelang, dass das Wasser abgesenkt werden könnte, um den Grund auf Hindernisse zu prüfen. Das soll nun ab nächsten Mittwoch geschehen. Die Staatsanwaltschaft teilte am Nachmittag mit, sie habe „die Nachschau im Bachbett des Eisbachs durch die Münchner Verkehrspolizei angeordnet“. Die Stadt München werde hierzu die erforderliche Absenkung des Wasserspiegels veranlassen und dabei ökologische Aspekte bestmöglich beachten. 

Gibt es strafrechtliche Konsequenzen?

Die Staatsanwaltschaft München I klärt derzeit, ob es Anhaltspunkte für ein strafrechtlich relevantes Verhalten gibt. Der Lebensgefährte der Verunglückten hatte laut Anklagebehörde nach dem Unfall Strafanzeige wegen fahrlässiger Körperverletzung erstattet. Nach dem Tod der Frau komme nunmehr eine fahrlässige Tötung in Betracht, erläuterte eine Sprecherin. Die Ermittlungen richteten sich nicht gegen konkrete Personen, die Schritte würden mit der Polizei abgestimmt.

Kann am Eisbach irgendwann wieder gesurft werden?

Die Entscheidung liegt bei der Stadt München. Die Eisbachwelle wurde am Samstag – zwei Tage nach dem Unglück – gesperrt und mit Gittern abgeriegelt. Die Stadt hat per neuer Allgemeinverfügung das Surfen dort „bis auf Weiteres verboten“ – bisher war es auf eigene Gefahr geduldet.

Der Surfer und Ingenieur Benjamin Di-Qual, der Flusswellenforen mitinitiiert und selbst künstliche Flusswellen konzipiert hatte, geht davon aus, dass vor einer neuen Freigabe möglicherweise bauliche Veränderungen nötig sein könnten. Laut Di-Qual liegen im Eisbach Steine, die zum Teil die Welle mit stützen. Ob die Steine für den Unfall mitverantwortlich sein könnten, sei völlig offen. Bei jeder baulichen Veränderung würde die Welle aber als Sportstätte gelten, sagt Di-Qual. Damit müsste die Stadt oder ein Verein den Betrieb und die Verantwortung für die Sicherheit übernehmen. Das habe bisher niemand tun wollen. Vor allem müsse nun eines geschehen: „Die Unfallursache muss transparent aufgeklärt werden.“

Was bedeutet der Unfall für andere Surfwellen?

Flusssurfen ist inzwischen – nicht zuletzt nach dem Erfolg des Sports an der Eisbachwelle – weit verbreitet. Ingenieure haben etwa in Augsburg, Nürnberg, Hannover und Pforzheim teils ausgeklügelte künstliche Wellen geschaffen. Wellen gibt es auch in Frankreich, Italien, Österreich, Tschechien und in der Schweiz. Außerdem in Kanada und in den USA. 

Künstliche Wellen sind so konstruiert, dass am Grund nichts hängenbleiben kann. Zudem kann das Wasser an manchen Wellen bei einem Notfall sofort abgestellt oder reduziert werden, teils gibt es Aufsichten durch die Betreiber. Insofern kann die Saison hier beginnen. Allerdings denken manche Vereine über zusätzliche Maßnahmen nach. Etwa könnten Schilder mit Hinweisen auf Gefahren installiert und zusätzliches Rettungsgerät wie ein Wurfsack bereitgestellt werden. 

Gesurft wird weiter auch an natürlichen Wellen in Flüssen. Doch hier bleibt der Sport – wie auch Kajakfahren – die eigene Verantwortung. Am Eisbach war das Surfen seit 2010 auf eigene Gefahr geduldet. Die Surfer-Community hatte sich damals erfolgreich dafür eingesetzt. 

Gibt es Sicherheitsleinen, die solche Unfälle vermeiden?

Viele Surfer am Eisbach nutzen nach Informationen aus Sportlerkreisen wie die Verunglückte eine normale „Leash“ – Sicherheitsleine – für die Verbindung zum Brett. Es gibt inzwischen aber auch Leinen, die von einem Magneten am Fußgelenk gehalten werden und sich bei Zug von etwa 30 Kilogramm lösen. Eine Alternative sind Leinen um den Bauch, an die Surfer auch bei Zug durch die Strömung herankommen. Allerdings sind – so berichten Surfer – damit viele Manöver nicht mehr gut zu fahren. Wie sinnvoll vor allem Methoden Marke Eigenbau sind, etwa die Befestigung der Sicherheitsleine mit Kabelbinder, darüber gibt es unterschiedliche Ansichten. 

Wie häufig sind schwere Unfälle beim Flusssurfen?

Laut Di-Qual, der sich auf eine interne Statistik der Surfer-Gemeinschaft stützt, gab es weltweit bisher eine Handvoll tödlicher Unfälle. Der Münchner Unfall war nach seinen Worten der zweite tödliche, der in Europa in den vergangenen Jahren bekannt wurde. Ein Surfer starb nach Medienberichten im Jahr 2016 in Österreich, auch er war in der Leine hängengeblieben. Die Gefahr durch die Leinen sei bekannt, sagt Di-Qual. Die Leine sei bei Hochwasser und am Meer aber absolut unverzichtbar. Beim Flusssurfen komme es auf die Gegebenheiten an.

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