Meinung: Warum ich die zweite Staffel „The Last Of Us“ nicht weiterschauen werde

Monatelang hatte ich mich auf die zweite Staffel von „The Last Of Us“ gefreut. Was jetzt geliefert wurde, ist allerdings plump und enttäuschend. Wie konnte das passieren?

ACHTUNG: Dieser Artikel enthält Spoiler für die zweite Staffel von „The Last Of Us“!

Über Geschmack lässt sich ja nicht streiten, heißt es. So hat mir ein Kollege erst heute morgen gezeigt, dass die zweite Episode der zweiten Staffel „The Last Of Us“ eine der vom Publikum bestbewerteten der gesamten Serie ist. Viele Fans, die die Zombie-Geschichte verfolgen, scheinen also sehr zufrieden mit der Richtung zu sein, die die Serie in der gerade gestarteten zweiten Staffel nimmt. Das freut mich für alle, denen es so geht. Es lässt mich aber auch ein wenig ratlos zurück. Denn mir ist nach dieser zweiten Folge bereits die Lust vergangen, weiterzuschauen.

Und, nein, das liegt nicht daran, dass mit dem von Pedro Pascal so fantastisch gespielten Joel eine der beliebtesten Figuren ums Leben kommt. Wer die Videospiele, die der TV-Adaption zugrunde liegen, gespielt hat, der wusste, dass dieser Moment kommt. Tatsächlich habe ich innerlich den Hut vor den Showrunnern gezogen, dass sie diesen unter Fans seit jeher hitzig diskutierten Moment nicht länger herauszögern, sondern so früh in der Staffel Fakten geschaffen haben. Auch, wenn natürlich auch ich gern weiter verfolgt hätte, wie Pascal als Joel und Bella Ramsey als dessen Ziehtochter Ellie ihr Leben in dieser dystopischen Welt meistern, die nach einer schaurigen Pilzinfektion nur noch von wenigen Menschen, aber dafür von zahlreichen Zombies bevölkert wird. 

„The Last Of Us“ goes „Rambo 3“

Nein, der Moment, der mir nach einer durchwachsenen ersten Folge endgültig die Lust am Weiterschauen der zweiten Staffel genommen hat, war der, als eine große Gruppe infizierter Untoter die von Überlebenden bewohnte Siedlung Jackson Hole angreift. Joels Bruder Tommy organisiert die Gegenwehr der Bewohner, und in einem dramatischen Moment lassen diese Benzinfässer von den Palisaden auf die Zombie-Angreifer fallen, begleitet von Tommys gebrülltem Schlachtruf „Jackson Hoooole.“ So, als wären wir hier nicht inmitten der melancholischen Nachwehen einer Apokalypse, sondern direkt in „Rambo 3“. Oder so. Dieser Moment allein konterkariert alles, was „The Last Of Us“ in der fantastischen ersten Staffel aufgebaut hatte.

Wir erinnern uns an Staffel eins: eine Zombie-Serie, in der Zombies fast nur am Rande auftauchen. Weil es um die gar nicht geht – es geht um die Überlebenden und darum, wozu diese in der Lage sind. Um die schrecklichen Dinge, die wir tun würden, um uns und unsere Liebsten zu schützen. Und um die wunderbaren Dinge, zu denen wir in der Lage sind. Die unsere Menschlichkeit ausmachen. Jede Folge der ersten Staffel stand ein Stück weit für sich, wie ein kleiner Film im größeren Serienkosmos. Immer wieder nahmen die Showrunner, Neil Druckmann und Craig Mazin, sich Zeit für fast poetische Abschweifungen. Es ging ihnen weniger um das hektische Vorantreiben der Geschichte, als vielmehr um das Etablieren dieser kargen Welt und ihrer Bewohner. Während dem Zuschauer dabei die beiden Hauptfiguren, Ellie und Joel, unweigerlich ans Herz wuchsen, waren dank der unaufgeregten Erzählstruktur auch überraschende TV-Triumphe wie die herzzerreißende Episode „Long Long Time“ möglich.

Alle erzählen alles, immer, mehrmals

Tja, damit scheint es nun aber leider vorbei zu sein. Staffel zwei ist bisher eine stumpf geradeaus erzählte Action-Serie. Das also, was „The Last Of Us“ zuvor wirklich nie war. Die so sorgsam entwickelten Figuren sind zu eindimensionalen Schablonen eingetrocknet, allesamt plötzlich merkwürdig unsympathisch. Ellie kratzbürstig, Joel weinerlich. Sie wiederholen Informationen zur Not auch dreimal, damit der Zuschauer vor dem Bildschirm auch bloß begreift, was los ist. 

Da sitzt Joel bei einer Psychotherapeutin und erinnert uns wortwörtlich daran, dass er „ein guter Kerl“ ist. Als gäbe es die goldene Fernseh-Regel „Erzählt uns nicht, was ihr uns nicht auch zeigen könnt“ nicht. (Und ja, ob Joel wirklich ein guter Kerl ist, darüber lässt sich natürlich streiten.) Da erzählt uns Abby, die zornige Antagonistin dieser Staffel, noch einmal im kleinsten Detail, weshalb genau sie so zornig ist. Ihr Monolog ist dabei so mäandernd, dass selbst der zu Boden geprügelte Joel noch ein genervtes „Halt die Klappe“ aufbringen kann. Zu diesem Zeitpunkt weiß der Zuschauer ohnehin bereits, was sie plagt – in einer Rückblende bekam man zu Beginn der Folge einen ihrer Albträume zu sehen, der alle nötigen Informationen lieferte.

Holzhammer statt Feingefühl

Für die zweite Staffel wurden einige Abweichungen von der Game-Vorlage eingeführt. Die große Zombie-Attacke gab es im Spiel nicht, die mysteriöse Figur des Eugene, über die die Zuschauer sicher noch mehr erfahren werden, ebenfalls nicht. Auch entwickelten die Zombies dort nicht plötzlich unerwartete Intelligenz. Und, ehrlich gesagt, wäre vermutlich auch die Serie besser gefahren, hätte sie auf diese Ausschmückungen verzichtet. Dann wäre mehr Zeit gewesen, wirklich in das Leben der Menschen innerhalb und außerhalb der Palisaden von Jackson Hole einzutauchen. Aber ernsthafte Charakterstudien scheinen nicht mehr das zu sein, was den Serienmachern wichtig ist.

Mich reizt inzwischen nichts mehr, die Serie weiterzuschauen. Obwohl ich mich monatelang auf den Beginn der neuen Staffel gefreut habe. Nicht einmal die sich anbahnende Beziehung zwischen Ellie und Dina wurde in irgendeiner Weise interessant erzählt, und Bella Ramseys Ellie, die in den bisherigen beiden Folgen eine verspätete Pubertät zu durchleiden scheint, gibt sich so unausstehlich, dass man ihr das Liebesglück fast nicht gönnen mag. Und das hier soll von denselben Menschen erdacht worden sein, die uns mit „Long Long Time“ kollektiv das Herz gebrochen haben? Man mag es fast nicht glauben.

Haben denn alle Staffel eins vergessen?

Vielleicht bin ich die einzige, die enttäuscht ist. Im Netz vergleichen Fans Folge zwei bereits mit der Schlacht von Winterfell aus „Game Of Thrones“. Und ja, vielen scheint diese neue Richtung zu gefallen. Modrige Hände, die aus dem Schnee ragen, Jump-Scares, Feuer und Explosionen, und zwischendurch ein paar tapfere Überlebende, die mit auf den Rücken geschnallten Flammenwerfern Zombies abfackeln wollen. Wer möchte nicht im Angesicht der Apokalypse nochmal Ghostbusters spielen. Es ist leider alles ein bisschen – dumm. Was nicht so weh tun würde, wäre die erste Staffel dieser Serie nicht das absolute Gegenteil von dumm gewesen. Was ist da bloß passiert? 

Es sei allen gegönnt, die bisher Spaß an der neuen Staffel haben. Das Gute ist ja: Man kann zuschauen. Man muss aber nicht.

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