Schwarz-rote Bundesregierung: Zurück auf großer Bühne – Söder genießt seine neue Rolle

Vor fast genau vier Jahren musste CSU-Chef Söder seine wohl schwerste persönliche Niederlage hinnehmen. Nun zeigt sich, der Franke hat sich weiterentwickelt – und er macht daraus keinen Hehl.

Markus Söder genießt seine neue Rolle. Seit klar ist, dass die Union im Bund die unbequeme Oppositionsrolle gegen die begehrten Plätze auf der Regierungsbank eintauschen kann, blüht der Franke regelrecht auf. Obwohl die Koalitionsverhandlungen mit CDU und SPD alles andere als einfach waren: Mit ihnen hat der 58-Jährige die ihm seit dem gescheiterten Anlauf auf die Kanzlerkandidatur anhaftende (und genauso vehement bestrittene) Müdigkeit endgültig abgestreift. Zu hören auch bei der Vorstellung des Koalitionsvertrags, als Söder für Sätze wie „Sie werden von mir hören“ viele Lacher erntete.

Vor fast genau vier Jahren verlor Söder seinen größten Machtkampf

Fast genau vor vier Jahren, am 20. April 2021, hatte Söder im Machtkampf mit dem damaligen CDU-Chef Armin Laschet eingelenkt – zähneknirschend. Später sprach er von einer gläsernen Decke, die CSU-Politikern die Kanzlerkandidatur verwehrt, weil die Kompromissbereitschaft der CDU als große Schwester eben trotz aller Stimmungen auch Grenzen kennt. Söders damaliger Generalsekretär Markus Blume machte ihn gar zum „Kandidaten der Herzen“. Söder zog sich in der Folge in die niederen Gefilde Bayerns zurück, tingelte in einer nie dagewesenen Art durch die Bierzelte und Volksfeste des Freistaats.

Jetzt ist Söder zurück auf den großen Bühnen

Nun ist Söder zurück auf den großen Bühnen. Im Inland hat er sich qua Vertrag eine überaus mächtige Rolle im Koalitionsausschuss von Union und SPD hinein verhandelt, welche verhindert, dass er im fernen Bayern übergangen werden kann: Regelmäßig, möglichst monatlich, will sich das Spitzengremium treffen. Was noch wichtiger ist: „Die Koalitionsparteien werden sich einvernehmlich auf die Besetzung des Koalitionsausschusses verständigen.“ Soll heißen, Söders Willen ist auch für Kanzler Merz und den Regierungsfrieden überaus relevant.

Auch außenpolitisch ist Söder – und hier kam dem Franken ein wenig der Zufall zu Hilfe – in einer nennen wir es erweiterten Rolle unterwegs. Im heißen Indien präsentiert sich Söder dieser Tage deutlich mehr als Bundes- denn als Landespolitiker. So spricht er sich staatsmännisch unter Berufung auf die neue Koalition nicht nur für mehr Waffenexporte aus – auch die von der EU erhoffte Freihandelszone mit Indien macht Söder zum Kernthema seiner Reise. Strategisch formuliert unter Verweis auf Absprachen mit Merz und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU). 

Einziger Wermutstropfen: Wegen eines Magen-Darm-Infekts muss Söder die Reise abbrechen, bevor er in die bayerische Partnerprovinz Karnataka weiterreisen kann.

Söder wird in Indien „sehr ungewöhnlich“ empfangen

Zwar wurde die Reise schon lange vor der Regierungsbildung geplant, doch nun wirkt sie wie die perfekte Bühne für den neuen Söder. Auch in Delhi hat sich längst herumgesprochen, dass er mehr ist als ein einfacher Ministerpräsident. Sein Wort hat wieder deutlich mehr Gewicht, auch wenn die neue Regierung noch nicht ansatzweise in Amt und Würden ist. 

Erkennbar wird dies in Indien bei einem Mittagessen, welches Außenminister Subrahmanyam Jaishankar zu seinen Ehren ausgerichtet – und dies nicht irgendwo, sondern im Hyderabad House, dem offiziellen Gästehaus des indischen Premierministers. Die Tatsache, dass ein bayerischer Ministerpräsident so empfangen wird, sei „sehr ungewöhnlich“, heißt es hier aus Diplomatenkreisen. Bei so viel Ehre ist es für Söder wohl zu verschmerzen, dass Amtsinhaber Narendra Modi ihn nicht auch noch selbst empfängt – immerhin hatte dieser Söder auch nach Indien eingeladen. 

Und noch etwas macht der neue Markus Söder jetzt anders

Und noch etwas handhabt der neue Markus Söder zumindest bei dieser Reise in Indien anders: Innenpolitische Diskussionen wie die von Merz in einem Interview aufgebrachte Debatte um eine Senkung der Einkommensteuer für kleine und mittlere Einkommen zur Mitte der Legislatur will er auch auf Nachfrage partout nicht kommentieren. Andernorts in der CSU, so ist zu hören, kommen die Worte „ohne jede Not“ nicht gut an, immerhin war dies eines der wichtigsten Wahlversprechen der Union. Vor nicht langer Zeit hätte sich Söder hier seinen Kommentar sicher nicht verkniffen. Nun kann er sich sicher sein, dass sein Wort auch zu anderer Zeit und auch ohne großes Publikum gehört wird.

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