Die deutschen Tennis-Damen sind in Stuttgart klare Außenseiterinnen. Die Situation wirkt düster. Sie geben sich aber zuversichtlich, dass die Wende kommen wird. Lys zeigt sich unerschrocken.
Es gibt Jahre in der Stuttgarter Tennis-Turniergeschichte, in denen reihen sich deutsche Erfolgsgeschichten in Serie aneinander. 2015 feierte Angelique Kerber den Titel, 2016 ebenso. 2017 triumphierte völlig unerwartet Laura Siegemund, nur ein Jahr nach ihrem Finaleinzug. Acht Jahre nach der bislang letzten heimischen Siegerin liegt beim bis Ostermontag laufenden diesjährigen Porsche Grand Prix ein deutscher Titelgewinn in weiter Ferne.
Sechs der Top Ten der Weltrangliste bereichern die einmal mehr famose Meldeliste. Eva Lys (23), Laura Siegemund (37), Tatjana Maria (37) und Jule Niemeier (25) brauchten Wildcards für die Hauptfeld-Teilnahme. Talent Ella Seidel (20) rückte nach einer Niederlage in der Qualifikation als Lucky Loserin nach. Das deutsche Damen-Tennis hängt nach dem Rücktritt der früheren Weltranglisten-Ersten Kerber endgültig in einem Tief.
Lys möchte das deutsche Damen-Tennis voranbringen
Die Rolle der größten deutschen Hoffnungsträgerin übernimmt die Hamburgerin Lys, die sich in Stuttgart gewohnt unerschrocken, offen und zuversichtlich gibt.“Ich habe mir auch immer gesagt: ‚Okay, ich will mir natürlich die Mühe geben, das deutsche Damen-Tennis vor allem jetzt noch weiter voranzubringen“, sagte die 23-Jährige.
Sie sei sich sicher, dass „wir echt gerade mega, mega gute Mädels“ haben, die im Kommen seien. „Und das Einzige, was wir brauchen, ist einfach vielleicht ein bisschen Zeit und ein bisschen mehr Erfahrung.“ So wie sie selbst. „Ich glaube, wir, oder viele deutsche Mädels, sind zur Schule gegangen. Wir konnten vielleicht früher nicht so viele Turniere spielen wie die anderen.“
Lys hatte bei den Australian Open zum Saisonbeginn für Furore gesorgt, als sie als erste Lucky Loserin ins Achtelfinale rauschte. Seit Ende Februar ist sie die deutsche Nummer eins. „Wir haben ein paar junge Talente, die sich langsam auf der Profitour etablieren wie Eva Lys, die unglaublich gespielt hat dieses Jahr“, schilderte Siegemund (37) ihren Eindruck zur Lage im deutschen Damen-Tennis. Sie meinte auch ihre Erstrundengegnerin Niemeier sowie Seidel.
Keine Deutsche unter den Top 60
„Ich glaube, von denen können wir jetzt dann schon langsam auch Ergebnisse erwarten, die spielen gut“, sagte Siegemund. „Ich glaube, die Mädels müssen jetzt richtig Gas geben. Da ist das Potenzial schon da.“
Dass Lys die Nummer 68 der Welt ist, ist für sie persönlich ein großartiger Erfolg. Dass sie so die am höchsten platzierte Deutsche ist, sagt aber ebenso viel über die problematische Situation aus wie die beiden klaren Niederlagen im Billie Jean King Cup gegen die Niederlande und Großbritannien in der vergangenen Woche.
Lys erzählt: „Ein paar Tage lag ich einfach nur im Bett…“
Als die deutsche Auswahl die Finals des Nationen-Wettbewerbs deutlich verpasste, schaute Lys nur zu. Dass sie sich eine Erkältung einfing, sei ein „kleiner Schrecken“ gewesen, meinte sie. „Ein paar Tage lag ich einfach nur im Bett und habe mich auskuriert, weil ich natürlich auch im Kopf hatte, dass nächste Woche ein schönes Turnier in Stuttgart auf mich wartet“, sagte Lys. Nun fühle sie sich kerngesund.
Frische wird sie für einen Coup gegen die Wimbledon- und French-Open-Finalistin Jasmine Paolini brauchen. Die quirlige Italienerin ist die Nummer sechs der Welt. Doch Lys freut sich sogar über das Los, auch wenn sie eine vermeintlich weniger schwierigere Aufgabe hätte erwischen können.
Als sie in Dubai gegen Paolini verlor, habe sie im engen zweiten Satz gemerkt, wie sie ihr mit ihrem Spiel wehtun könne. „Das ist für mich die beste Erfahrung, die ich hier sammeln kann. Und natürlich weiß ich, was ich im nächsten Match besser machen kann.“
Lys war erst 15 Jahre alt und Juniorin, als sich Siegemund 2017 in die Stuttgarter Siegerinnenliste eintrug. Sie habe zu ihrer heutigen Teamkollegin und den anderen deutschen Siegerinnen hochgeschaut, erzählte sie. Sie träumt davon, die Flaute zu beenden.