Wer kennt das nicht? Während der Fahrt kurz Nachrichten checken oder einen Anruf erledigen. Das ist nicht nur gefährlich, sondern auch verboten – eine Kamera in Rheinland-Pfalz entlarvt Handysünder.
Erstmals in Deutschland ist eine spezielle Kamera zur Überführung von Handynutzern am Steuer im regulären Einsatz. Nach einer Testphase und einer nötigen Gesetzesänderung verwendet die rheinland-pfälzische Polizei zunächst ein Gerät aus den Niederlanden dafür, bald sollen es mehr werden. Es geht um mehr Verkehrssicherheit und eine effektivere Ahndung solcher Verstöße. Rheinland-Pfalz leiste „Pionierarbeit im Kampf gegen Ablenkung am Steuer“, sagt Innenminister Michael Ebling (SPD).
Wie und wo lief die Testphase?
Zunächst kam eine solche Kamera – Monocam genannt – im Polizeipräsidium Trier auf der Autobahn 602 zwischen den Anschlussstellen Kenn und Trier-Ehrang von Juni bis August 2022 zum Einsatz. Dort wurden an 46 Kontrolltagen 327 Verstöße festgestellt. Bei der zweiten Probephase im Polizeipräsidium Mainz an der A60 vor der Anschlussstelle Mainz-Hinten – dort, wo nun auch der reguläre Betrieb vorgestellt wurde – wurden von September bis November 2022 an 42 Kontrolltagen 941 Ablenkungsverstöße gezählt. Die zusammen 1.268 Verstöße wurden an die Zentrale Bußgeldstelle Speyer weitergeleitet.
Auch wenn es seinerzeit noch keine Rechtsgrundlage für den Betrieb dieser Kamera gab, wurden diese Verstöße laut Innenministerium trotzdem geahndet. Dass dies rechtens ist, befand das Amtsgericht Trier.
Warum geht es erst jetzt in den Regelbetrieb?
Erstmal sollten die Tests ausgewertet werden. Darüber hinaus brauchte es für den regulären Betrieb eine Änderung im Polizei- und Ordnungsbehördengesetz (POG) des Landes. Diese trat am 1. März dieses Jahres in Kraft. Damit kann erstmals in Deutschland ein technisches Mittel zum Einsatz kommen, das eine „automatisierte Überwachung von Verkehrsteilnehmern in Bezug auf die unerlaubte Nutzung von elektronischen Geräten“ ermöglicht, wie es heißt.
Was soll damit erreicht werden?
Es geht vor allem um mehr Verkehrssicherheit. Minister Ebling erklärte, rund 1.000 Unfälle pro Jahr seien im Land auf eine Ablenkung am Steuer zurückzuführen. 2024 seien bei solchen Unfällen drei Menschen ums Leben gekommen. „Das sind drei Gründe mehr, warum wir handeln müssen“, betonte der SPD-Politiker. Er rechnete vor, dass ein Blick von einer Sekunde auf das Handy bei Tempo 100 einen 30 Meter langen lebensgefährlichen Blindflug bedeute.
Es ist selbsterklärtes Ziel der Landesregierung, dass bis 2050 kein Mensch mehr im Straßenverkehr sein Leben verliert. Auf dem Weg dorthin mithelfen soll die präventive Wirkung der Monocams. Wo sie verwendet werden, werden Hinweisschilder aufgestellt. Das habe sich bewährt, betont das Ministerium. Es sei auch Verkehrserziehung.
Mit welcher Kamera wird gearbeitet und wie funktioniert sie?
Das Gerät und die dazugehörige Software sind eine Eigenproduktion der niederländischen Polizei. Die bei den Tests in Rheinland-Pfalz und nun auch im Regelbetrieb um Mainz und Trier verwendete Monocam ist ein aus dem Nachbarland geliehenes Exemplar. Ziel ist es, dass noch in diesem Jahr alle fünf Polizeipräsidien neue Kameras bekommen.
Die Geräte müssen erhöht aufgestellt, etwa auf einer Brücke. Erfasst werden alle vorbeifahrenden Fahrzeuge, pro Fahrzeug werden zwei Bilder gemacht und im Arbeitsspeicher eines Laptops zwischengespeichert. Eine Software vergleicht die Bilder mit hinterlegten Fotos von Fahrern, die ein Handy nutzen oder bedienen. Wenn das Gerät einen Verstoß vermutet, werden die Aufnahmen gespeichert. Polizisten schauen sich diese auf einem Bildschirm in einem Kleinbus an und entscheiden, ob tatsächlich ein Vergehen vorliegt.
„Die Maschine schlägt vor, der Mensch entscheidet“, erklärt Matthias Emmerich, Leiter der Polizeiinspektion Trier, der das Projekt Monocam in Rheinland-Pfalz leitet. Klar sei, die Maschine mache auch Fehler. Manchmal zeigt sich beim näheren Betrachten von Aufnahmen, dass das Handy nur als Navigationsgerät an der Windschutzscheibe verwendet oder eine Zigarettenschachtel hochgehalten wurde. Das Gerät erkennt auch, wenn innerhalb des Sichtfelds in ein Handy getippt werde, sagt Emmerich. Die Geschwindigkeit des Fahrzeugs oder auch der Abstand zum vorausfahrenden Wagen würden dagegen nicht ermittelt – zumindest noch nicht.
Was lässt sich das Land die Technik kosten?
Die drei Komponenten einer Einheit – also Kamera, Laptop und Kabel – kosten den Angaben zufolge rund 30.000 Euro. Insgesamt plant das Ministerium zunächst mal mit Investitionen von insgesamt ungefähr 200.000 Euro. Neben dieser Ausstattung fallen rund 30.000 Euro für ein einmaliges Software-Update an, wie es in der mittlerweile in Kraft getretenen Novelle des POG heißt. Weiteres Geld wird demnach in „systemspezifische Anpassungen“ gesteckt.
Was droht Autofahrern bei den Verstößen?
In aller Regel müssen erwischte Handysünder mit einem Bußgeld von 100 Euro und einem Punkt in Flensburg rechnen. Entsprechend rechnet das Land Einnahmen dank der neuen Technik: Nach den Erfahrungen aus der Pilotphase wird erwartet, dass pro Kontrollgerät und Monat rund 200 Verstöße zusammenkommen. Das brächte entsprechend rund 20.000 Euro pro Monat und Gerät, bei zukünftig fünf Geräten pro Jahr 1,2 Millionen.
Was sagt die Gewerkschaft der Polizei zur Monocam?
Die Landesvorsitzende Stefanie Loth nennt die Spezialkamera ein weiteres Puzzleteil, um Gefahren im Straßenverkehr abzuwenden. Klar sei, Handyverstöße am Steuer hätten deutlich zugenommen.
Ohne solche Kameras sei es schwierig, solche Verstöße nachzuweisen. Wenn ein Streifenwagen hinter einem Fahrzeug herfahre, werde das Gerät schnell vom Ohr genommen. Wünschen würde sich Loth mehr als die bisher landesweit angepeilten fünf Monocams und mehr Personal. Es brauche auch mehr Verwaltungsangestellte in der Zentralen Bußgeldstelle, um Verfahren zügig zu bearbeiten.