Die letzte Staffel von „How to Sell Drugs Online (Fast)“ läuft. Als Vorlage für den Netflix-Hit diente die wahre Geschichte eines Leipziger Teenagers.
Er bekam Taschengeld, brachte Pfandflaschen für die Familie weg und kassierte im Netz derweil Millionen: Bis zu 100.000 Euro Umsatz täglich machte Maximilian Schmidt zu Hochzeiten mit seiner Website „Shiny Flakes“, mit der er im Netz Drogen zum Verkauf anbot. Schmidt war gerade einmal 18 Jahre alt, als er kriminell wurde, verkaufte fast eine Tonne Drogen online – alles alleine von seinem Kinderzimmer in Leipzig aus. 2015 wurde er geschnappt und zu sieben Jahren Haft verurteilt.
Seine Geschichte diente lose als Vorlage für die Netflix-Serie „How To Sell Drugs Online (Fast)“, deren vierte und letzte Staffel diese Woche erschienen ist. Parallel zur ersten Staffel 2021 befasste sich auch eine Netflix-Dokumentation mit dem echten Fall. Und Schmidt wurde in „Shiny_Flakes: The Teenage Drug Lord“ zum Star seiner Geschichte.
„How to sell drugs online (fast)“: Die Geschichte des wahren Dealers
Netflix lässt den heute 30-Jährigen darin in eigenen Worten erzählen, wie ihm der Aufstieg gelang. Wie er eines Nachts auf eine Drogenwebsite stieß und überlegte, wie man diese noch besser machen könnte. Und wie er das dann einfach in die Tat umsetzte. Schmidt spricht nüchtern und sachlich über seine kriminellen Machenschaften, doch immer, wenn es um gewisse Details geht, die sein System ermöglicht haben, schwingt auch unverhohlener Stolz mit. Etwa wenn er Sätze sagt wie „Effektiv waren die Postboten meine Kuriere.“
Schmidt ist in vielerlei Hinsicht ein untypischer Täter: Er konsumierte selbst keine Drogen, gab seine Millionen auch nicht für Luxusgegenstände aus, arbeitete fast Tag und Nacht selbst am Business – von der Technik bis zum Abwiegen und Verschicken. „Der größte Spaß an der Sache war einfach zu sehen, wie es wächst“, sagt er. Es entsteht das Bild von einem perfektionistischem Unternehmer, der in seiner Abgebrühtheit cool wirkt.
Doku über Maximilian Schmidt
Genau das ist das Problem der Doku, die sich auch in ihrer Optik oft an der fiktiven Variante der Geschichte, „How to Sell Drugs Online (Fast)“, orientiert, mit bunten Schnittbildern von Pillen zu treibenden Technobeats. Die Macher gehen sogar so weit, und lassen Schmidt teilweise Szenen in einem nachgebauten Kinderzimmer nachstellen. Der mittlerweile Ex-Häftling agiert quasi als Schauspieler vor der Kamera. Seine möglichen Opfer? Kommen nicht zu Wort. Es wäre nicht das erste Mal, dass Netflix in die Kritik dafür gerät, Kriminalfälle einseitig aus Sicht der Täter zu zeigen und diese hochzustilisieren. In der Doku des Streaminganbieters über den Massenmörder Ted Bundy wirkte dieser etwa streckenweise wie ein kultiger Typ, der sich dummerweise für das Abmetzeln von Frauen begeisterte.
In „Shiny Flakes“ kommen jedoch auch Stimmen der Polizei und des Gerichts einordnend zu Wort. Besonders die Worte eines psychiatrischen Gutachters wirken nach. Denn wenn Schmidt etwa sagt, dass er den nordkoreanischen Diktator Kim Jong-un cool finde oder, dass er „eher so der nervige Typ“ sei, „aber auch ruhig“, wird klar, dass hier eben nicht ein ganz normaler Typ aus Leipzig spricht. Er habe keine Skrupel gehabt, sei sehr kaltschnäuzig gewesen und hätte das Gefühl gehabt, alles zu kontrollieren und über den Dingen zu stehen, beschreibt ihn der Psychiater. „Das ist gefährlich“, ergänzt er und nennt Schmidts Verhalten später „klassische Selbstüberschätzung“.
Wieviel Geld Schmidt noch hat, weiß momentan niemand. Nur dass er keine Reue empfindet für das, was er getan hat, das ist offensichtlich. 2019 wurde er vorzeitig aus der Haft entlassen. In der Doku berichtet das Landeskriminalamt Sachsen, dass bereits erneut gegen Schmidt ermittelt werde. Er soll nach der Haftentlassung wieder einen Drogenshop aufgezogen haben. 2023 wurde er deshalb erneut zu einer Haftstrafe verurteilt, ging jedoch in Revision, das Urteil wurde teilweise aufgehoben. Bis es einen erneuten Prozesstermin gibt, bleibt der ehemalige Kinderzimmer-Dealer auf freiem Fuß.