Geflügelhaltung: Eier aus dem Hühnermobil nicht nur zu Ostern gefragt

Picken, scharren und im Sand baden – das mögen Hühner. In der mobilen Hühnerhaltung haben sie gute Chancen, neben ihrem „Job“ des Eierlegens auch ihren Lieblingsbeschäftigungen nachzugehen.

Bunt gefärbte Eier gehören zu Ostern wie der Christbaum zu Weihnachten. Beim Kauf haben die Verbraucher die Wahl – und greifen zunehmend auch in Hessen zu Eiern aus Freilandhaltung. Die können aus festen Ställen mit Auslauf stammen, aber auch aus der Haltung in einem fahrbaren Hühnermobil, das den Tieren wechselnde Auslaufflächen bietet. Wer Wert auf eine artgerechte Beschäftigung der tierischen Frühstücks- und Ostereier-Produzenten legt, liegt hier nach den Ergebnissen eines Forschungsprojekts richtig.

Erleben kann man das beispielsweise am „Mobilen Hühnerparadies“ des Biohofs Theiß in Grünberg-Lumda (Landkreis Gießen). Nach dem Start mit einem kleinen Hühnermobil im Jahr 2012 bauten Landwirt Edwin Theiß und seine Familie die Haltung angesichts steigender Nachfrage immer weiter aus. Mittlerweile tun rund 3.000 Legehennen in mehreren großen Hühnermobilen mit Auslaufflächen ihren Dienst.

Auskömmliche Preise aber hohe Auflagen 

Die nach Bioland-Richtlinien erzeugten Eier kann Theiß nach eigenen Angaben noch zu auskömmlichen Preisen vermarkten. Nicht nur jetzt zu Ostern, sondern das ganze Jahr über sei die Produktion praktisch ausverkauft. Der Gesetzgeber mache es den Erzeugern allerdings nicht gerade einfach, sagt der Landwirt und verweist auf hohe Auflagen, wenn er etwa befestigte Stellplätze für die Hühnermobile anlegen will, um die Tiere in den Wintermonaten mit Futter und Wasser zu versorgen. 

Für das gemeinsame Forschungsprojekt zum Thema Mobilställe hatten Wissenschaftler und Experten der Universitäten Kassel und Göttingen sowie des Landesbetriebs Landwirtschaft Hessen (LLH) über zwei Jahre 42 Praxisbetriebe mit 48 Mobilställen begleitet. „Es zeigte sich, dass das Angebot eines wechselnden und damit attraktiven Auslaufs sowie die kleinen Herdengrößen im Vergleich zu stationärer Haltung zu einem deutlich besseren Gefiederzustand führen“, erklärt Katrin Dorkewitz vom Fachgebiet für Nutztierethologie und Tierhaltung der Universität Kassel.

Weniger Bepicken und abwechslungsreiches Futter 

„Da die Tiere im Auslauf gut beschäftigt sind, findet deutlich weniger gegenseitiges Bepicken statt“, so die Wissenschaftlerin. Auch ein abwechslungsreiches Futter durch die regelmäßige Versetzung der Auslaufflächen gilt als Vorteil der mobilen Ställe. Neben Körnern wie Mais mögen Hühner etwa Gräser und Klee, und auch Regenwürmer und kleine Insekten stehen auf ihrem Speiseplan. 

Scharren, Picken, Sandbaden und Laufen – das alles gehört zu den typischen Verhaltensweisen von Hühnern. Hühnermobile mit wechselnden Auslaufflächen bieten ihnen diese Möglichkeiten. Das reduziert auch das Risiko für Verhaltensstörungen wie Federpicken und Kannibalismus, wie der LLH erklärt.

Mobile Geflügelhaltung hat lange Geschichte

Die mobile Geflügelhaltung ist dabei keine neue Idee, sagt Dorkewitz. Eine erste Blütezeit habe es in Deutschland bereits um 1930 gegeben, denn mit kleinen mobilen Geflügelwagen konnte das bei der Ernte ausgefallene Getreide direkt verwertet werden. Seit den 2000er-Jahren steige die Zahl der mobilen Geflügelhaltungen in Deutschland wieder an, so Dorkewitz. Diese Haltungsform eigne sich besonders für die Direktvermarktung von Eiern. 

Der Bundesverband der mobilen Geflügelhalter (BVMG) geht nach Angaben der Wissenschaftlerin deutschlandweit von rund 3,3 Millionen Geflügelplätzen auf rund 3.000 Betrieben aus. Während der Coronapandemie sei die Nachfrage nach regional erzeugten Produkten stark gestiegen, habe aber seit Beginn des Ukrainekrieges mit gestiegenen Energie- und Futterkosten auch wieder abgenommen. Daher rechne der Verband damit, dass die Zahl der mobilen Ställe etwas sinken und sich auf einem Niveau von 1,5 bis 2 Millionen Geflügelplätzen einpendeln werde, berichtete Dorkewitz.

Arbeitsaufwand vergleichsweise hoch

Derweil ist der Arbeitsaufwand pro Huhn bei mobilen Ställen im Vergleich zu anderen Haltungsformen vergleichsweise hoch, etwa weil bei jedem Versetzen neu Zäune gezogen werden müssen und keine festen Einrichtungen für Futter, Wasser oder das Entmisten vorhanden sind. Ähnlich wie in anderen Freilandhaltungen sind die Tiere zudem Beutegreifern wie Greifvögeln, Füchsen, Mardern und Co. ausgesetzt. Hinzu kommen Witterungseinflüsse – ob Hitze im Sommer oder Kälte im Winter. Ähnlich wie in anderen Freilandhaltungen bestehen zudem Infektionsrisiken durch Wildvögel, etwa durch die Vogelgrippe.

Verbraucher schätzen verbessertes Tierwohl

Damit sich der höhere Arbeitsaufwand rechne, muss laut LLH derzeit beim Endkunden ein Preis von 38 bis 40 Cent pro Freilandei aus Mobilstallhaltung erzielt werden und etwa 45 Cent pro Bio-Ei aus dieser Haltung. Bei dem Forschungsprojekt fanden die Wissenschaftler heraus, dass Kunden durchaus bereit sind, für das verbesserte Tierwohl auch mehr Geld pro Ei auszugeben. Diese Erfahrung macht auch Landwirt Theiß – das zeige die Wertschätzung der Kunden und mache ihn stolz, sagt er. Nur die besonders große vorösterliche Nachfrage nach weißen Eiern könne man nicht decken – doch ließen sich ja auch braune Eier gut färben und dekorieren.

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