Ziel des Islamismus ist ein „Gottesstaat“, in dem die Scharia gilt. Stigmatisiert der Begriff sowohl die Religion als auch die Muslime? Ein Beschluss der Berliner Jusos dazu sorgt für Aufregung.
Die Berliner Jusos wollen den Begriff Islamismus in ihrem Sprachgebrauch nicht mehr verwenden und sprechen stattdessen künftig nur noch von „religiös-begründetem Extremismus“ – ohne Bezug zu einer konkreten Religion. Einen entsprechenden Beschluss, der nun für Kritik sorgt und im Netz heißt diskutiert wird, fasste der Berliner Landesverband der SPD-Nachwuchsorganisation bei einer Delegiertenversammlung.
Die begriffliche Nähe zwischen Islam und Islamismus sei ein Problem, heißt es in dem Beschluss vom vergangenen Samstag. „Dadurch entsteht ein Bild, bei dem der Islam als solcher problematisiert und mit Negativität assoziiert wird.“ Eine ganze Religion werde stigmatisiert. Zudem würden als Muslime gelesene Menschen unter Generalverdacht gestellt – sie stünden permanent unter Druck, sich von Extremismus etwa der Hamas oder des Islamischen Staats (IS) zu distanzieren. Folge sei auch ein Erstarken von antimuslimischem Rassismus.
Wissenschaftlerin wundert sich
Die Islamismus-Forscherin Susanne Schröter hält das Vorgehen der Berliner Jusos für nicht sachgerecht. Die Direktorin des „Frankfurter Forschungszentrums Globaler Islam“ (FFGI) sagte bei Welt TV: „Was die Jusos machen, das ist eine bekannte Methode, die man bei linken Organisationen häufig findet, (…) ist, das Problem des islamischen Extremismus wegzumoderieren, indem man nicht mehr darüber spricht, indem man plötzlich andere Begriffe verwendet.“
Das Problem sei aber nicht vom Islam zu trennen. Attentäter, aber auch islamistische Politiker bezögen sich auf den Islam und begründeten ihre Haltung, Werte und Taten mit dem Islam. „Und da kommt man einfach nicht drumherum.“
Juso-Landesvorsitzende sieht Abbau von Diskriminierung
Die Berliner Juso-Landesvorsitzende Svenja Diedrich, die den Verband gemeinsam mit Kari Lenke führt, sprach angesichts der Diskussion von „viel Lärm um nichts“. Ziel des mit breiter Mehrheit gefassten Beschlusses sei ein Abbau von Diskriminierung in der Verbandsarbeit, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. Es handele sich nicht um ein Verbot. „Alle Leute dürfen weiter sagen, was sie wollen.“
Extremismus, der sich auf Religionen berufe, müsse bekämpft werden – allerdings ohne „rassistische Narrative und Stigmatisierung“, heißt es im Beschluss der Berliner Jusos weiter. „Stattdessen soll in Zukunft in unserem Verband von „religiös-begründetem Extremismus“ gesprochen werden. So werden keine weiteren Vorurteile gegenüber dem Islam geschürt.“ Das solle etwa für Anträge und Debatten im Verband gelten.
Islamisten wollen „Gottesstaat“
Laut Definition der Bundeszentrale für politische Bildung ist Ziel des Islamismus ein islamischer „Gottesstaat“ mit strengen Regeln für alle Lebensbereiche nach islamischer Gesetzgebung, der sogenannten Scharia. „Der Islamismus steht im Widerspruch zu wichtigen demokratischen Grundsätzen.“ Dazu gehörten freie Wahlen und eine ständige Veränderung unterworfene Gesetzgebung.
Das Bundesinnenministerium definiert Islamismus als Form von Extremismus, die unter Berufung auf den Islam auf die Abschaffung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung in Deutschland abziele. Islamisten stünden damit im Widerspruch zu den im Grundgesetz verankerten Grundsätzen der Volkssouveränität, der Trennung von Staat und Religion, der freien Meinungsäußerung und der allgemeinen Gleichberechtigung.