Der Handelsstreit eskaliert: Donald Trumps radikale Zollpolitik stürzte die Weltwirtschaft am Montag ins Chaos. Deutsche Medien kommentierten den Kurs des US-Präsidenten.
US-Präsident Donald Trump hat am Montag seine aggressive Zollpolitik weiter angeheizt und die Börsenkurse weltweit auf eine Talfahrt geschickt. China drohte er damit, die Zölle noch einmal um 50 Prozent zu steigern. Er gebe Peking bis Dienstag Zeit, die Gegenzölle in Höhe von 34 Prozent wieder zurückzunehmen, schrieb Trump auf seiner Plattform Truth Social.
Das sagt die deutsche Presse zu Trumps Zollchaos:
„t-online“: „Viel spricht dafür, dass der US-Präsident seine Wette gegen die Wirtschaft, gegen die Welt verlieren wird. Überall auf der Welt befinden sich die Börsen im freien Fall, so auch in den USA und das hat Gründe. Der US-Präsident verkennt, dass die US-Wirtschaft extrem auf Importe angewiesen ist und dass das nicht per se etwas Schlimmes ist. Er will die Reindustrialisierung der Vereinigten Staaten erzwingen. Das geht aber erstens nicht über Nacht. Zweitens ist es wohl auch gar nicht möglich, weil die Arbeitskräfte fehlen für bestimmte Jobs, die ganz bewusst ausgelagert wurden. Am Ende werden es auch die Konsumenten zu spüren bekommen, weil sich die Preise erhöhen werden und es dann zu einer Inflation kommt. Darum sprechen die Menschen in den USA inzwischen schon von einer Trump-Rezession und einer Trumpflation.“
„Frankfurter Rundschau„: „Der Immobilien-Tycoon im Weißen Haus verbreitet als Heilsbotschaft eine notdürftig zusammengezimmerte Ideologie, die imperialistisches Streben mit ökonomischer Abschottung verknüpft. So wie einer seiner Vorvorgänger, William McKinley. Nur regierte der an der Schwelle zum 20. Jahrhundert, als es noch Nationalökonomien gab. Heute findet das Wirtschaften in globalen Netzwerken mit wechselseitigen Abhängigkeiten statt. Trump ist wirtschaftspolitisch im falschen Jahrhundert unterwegs. Die Folge: Der Zollhammer könnte nach Berechnungen des Finanzdienstes Bloomberg die US-Wirtschaftsleistung um 2,5 Prozent drücken. Privathaushalte müssten in den nächsten zwölf Monaten Einbußen von durchschnittlich mehr als 3000 Euro hinnehmen. Die 5400 Milliarden Dollar, die allein vorigen Donnerstag und Freitag an Börsenwert vernichtet wurden, sind nur ein laues Lüftchen im Vergleich zum perfekten Sturm, der droht.“
„Augsburger Allgemeine“: „Wer soll in einer solchen Welt planen oder gar Investitionsentscheidungen treffen? Es ist genau diese von Trump ausgelöste Unberechenbarkeit, dieses Gift, das Unternehmen lähmt, die Börsen auch am Montag in massive Turbulenzen bringt, weshalb Ökonomen vor einer weltweiten Rezession warnen und das die Globalisierung wenn nicht zum Erliegen so doch zum Erlahmen bringen könnte.“
„Weser-Kurier“: „Die gegenwärtigen Einbrüche an den Aktienmärkten werden die USA viel härter treffen als Europa. Der durchschnittliche US-Amerikaner ist den Launen der Börsen schutzloser ausgeliefert als der Europäer. Oft hängt nämlich die Altersvorsorge allein vom Wert des jeweiligen Aktiendepots ab. Sollten die Kurse sich also mittelfristig nach unten bewegen, wird sich sehr schnell Unruhe breitmachen. Daher ist es klug, gelassen zu bleiben, aber bestimmt zu reagieren. Dass die EU-Kommission gezielt die treusten Anhänger Trumps im mittleren Westen und Süden ins Visier nimmt, haben die Gegenzölle auf Erdnussbutter, Motorräder und Bourbon-Whiskey gezeigt. Mittelfristig werden auch die Tech-Giganten wie Amazon, Apple, Facebook (Meta) und Google kaum von europäischen Reaktionen verschont bleiben.“
„Kölner Stadt-Anzeiger“: „Nun könnten Europäer auf die Idee kommen, sich das Spektakel einfach nur anzuschauen und abzuwarten, bis jenseits des Atlantiks eine bösartige Lähmung mit einer Mischung aus Inflation und schwindender wirtschaftlicher Aktivität einsetzt und Trump endlich kapiert, was er anrichtet. Zumal Deutschland und Europa kurzfristig sogar zu den Gewinnern zählen dürften. Autofahrer werden schon in den nächsten Tagen spüren, wie billig der Sprit wird. Greifen US-Strafzölle insbesondere gegen China, werden gigantische Warenströme nach Europa umgeleitet, was das Angebot erhöhen und die Preise drücken dürfte. Doch Passivität wäre brandgefährlich. Die Ansteckungsgefahr bis hin zu einer weltweiten Krise ist groß. Und sie wächst mit jedem Tag, an dem der Zoll-Irrsinn weitergeht. Den Europäern bleibt nichts anderes übrig, als die Hand für zügige Verhandlungen auszustrecken – auch wenn das etwas Unappetitliches hat.“
„Rhein-Neckar-Zeitung“: „Richtig problematisch ist der trumpsche Aktionismus für Union und SPD, die mühsam dabei sind, einen Koalitionsvertrag auszuhandeln, der in erster Linie auf einem gigantischen Schuldenpaket aufbaut. Eine erlahmende Weltwirtschaft würde die Schuldenaufnahme von einer Billion Euro jedoch unbezahlbar werden lassen. Deutschland hat deshalb – bei aller Schadenfreude über Trumps ökonomische Inkompetenz – ein massives Interesse daran, dass die US-Zollpolitik das Land nicht in den Abgrund reißt.“