Einsamkeit, Ängste und Erschöpfung sind bei vielen Kindern und Jugendlichen in der Corona-Zeit entstanden. Mehr Fachkräfte in Grundschulen und Therapieplätze könnten helfen.
Sechs bis acht Stunden Medienkonsum, Vereinsamung, Depressionen und Ängste sowie Essstörungen überwiegend bei Mädchen – das sind Folgen der Corona-Zeit für viele Kinder und Jugendliche. „80 Prozent sind widerstandsfähig durch die Krise gegangen, aber 20 Prozent eben nicht“, sagte Götz Schwope, Vorstandsmitglied der Psychotherapeutenkammer Niedersachsen (PKN), der Deutschen Presse-Agentur.
Die Nachfrage nach Therapieplätzen sei sprunghaft angestiegen. „Durch den Medienkonsum fehlen rund hundert Tage im Jahr“, rechnete Schwope vor. Stunden und Tage, in denen zwar Informationen zuhauf gesammelt würden, aber keine Erfahrungen im richtigen Leben. „Die vielen Krisen, eine zunehmende Radikalisierung und Polarisierung, da muss man schon einigermaßen widerstandsfähig sein, um Antworten zu finden.“ Zumal viele Eltern ebenso viel Social Media konsumierten.
Niedrigschwellige Präventionsangebote könnten entlasten
„Wir reden auch über Jugendliche mit zwölf Stunden täglicher Medienzeit und 150 Kilo Gewicht, die zwei Jahre nicht zur Schule gegangen sind“, erzählt der Psychotherapeut aus der täglichen Praxis. Niedrigschwellige gruppentherapeutische Präventionsangebote für psychisch belastete Kinder und Jugendliche könnten zu einer Entlastung beitragen.
Zudem müssten insbesondere Grundschulen besser mit Sozialarbeitern und Lehrerinnen und Lehrern aus anderen Kulturkreisen ausgestattet werden. „Rettet wenigstens die Grundschule“, sagte Schwope. „Was wir da verlieren, wird teuer.“
Mehr Therapieplätze könnten helfen
Die PKN und der Kinderschutzbund Niedersachsen fordern eine landesweite Strategie, die psychische Gesundheit junger Menschen zu stärken. Die Wartezeit auf einen ambulanten Psychotherapieplatz für Kinder und Jugendliche sei unzumutbar lang. Die durchschnittliche Wartezeit auf eine psychotherapeutische Sprechstunde betrage circa drei Wochen, bis zum Behandlungsbeginn dauere es dann noch 20 Wochen.
„Unabhängig davon, ob die Zahlen steigen oder nicht: Das Leiden vieler Kinder und Jugendlicher verfestigt sich“, sagte Pablo Sennett vom Kinderschutzbund. Zahlreiche Krankheiten hätten ihren Ursprung im Kindes- und Jugendalter, mit massiven Folgen für die Betroffenen. Er fordert ein ausreichendes Angebot an Psychotherapieplätzen.