Nicht vereinbar mit den Werten der EU: Der Chef des Bündnisses europäischer Mitte-Rechts-Parteien richtet klare Worte an den türkischen Präsidenten Erdogan. Gibt es nun auch konkrete Konsequenzen?
Der EVP-Vorsitzende und CSU-Vize Manfred Weber sieht angesichts der Inhaftierung des türkischen Oppositionspolitikers Ekrem Imamoglu die Grundlagen für die Zusammenarbeit mit der Regierung von Staatschef Recep Tayyip Erdogan in Gefahr. „Die EU will eine enge Partnerschaft mit der Türkei, das kann aber nur auf Basis gemeinsamer Werte funktionieren“, sagte der Spitzenpolitiker der Deutschen Presse-Agentur. Die Justiz als politische Waffe zu verwenden, sei mit diesen Werten nicht vereinbar.
„Erdogans Türkei ist auf dem falschen Weg“, kritisierte Weber, der mit der EVP-Fraktion die größte Abgeordnetengruppe im Europäischen Parlament führt. Rechtsstaatlichkeit und Demokratie drohten beschädigt zu werden.
Der türkische Oppositionspolitiker Imamoglu war in der vergangenen Woche wegen Vorwürfen im Zusammenhang mit Terror- und Korruptionsermittlungen festgenommen und dann in seiner Funktion als Istanbuler Bürgermeister abgesetzt worden. Er galt bislang als der aussichtsreichste politische Herausforderer von Erdogan bei der für 2028 angesetzten Wahl und wurde von der größten Oppositionspartei auch als Kandidat aufgestellt. Imamoglu bestreitet alle Vorwürfe und wirft der Regierung vor, ihn mit den Ermittlungen politisch kaltstellen zu wollen.
Mögliche Absage von Beratungen im Gespräch
In der EU war wegen der Entwicklungen zuletzt eine mögliche Absage geplanter Gespräche über den Ausbau der Zusammenarbeit mit der Türkei im Gespräch. Die geplanten Beratungen waren von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nur wenige Tage vor der Festnahme Imamoglus angekündigt worden. Vorbereitet wurde damals den Angaben zufolge ein EU-Türkei-Dialog zu Wirtschaftsthemen im April sowie ein weiterer zu Migrations- und Sicherheitsthemen.
Hintergrund der Planungen war ein Auftrag der Staats- und Regierungschefs von einem Gipfeltreffen im April 2024. Damals war vereinbart worden, die Beziehungen zur Türkei möglichst wieder zu stärken – insbesondere weil das Land eine Schlüsselrolle bei den Bemühungen um eine Stabilisierung des östlichen Mittelmeerraums und bei der Lösung von Migrationsproblemen spielt.
Zuvor waren Projekte wie die geplante Modernisierung der Zollunion und eine Visaliberalisierung wegen Rückschritten bei Rechtsstaatlichkeit, Grundrechten und Meinungsfreiheit in der Türkei auf Eis gelegt worden.