Die späte Mutterschaft liegt im Trend. Manche warten mit dem ersten Kind, bis sie 40 oder 50 sind. Wie gefährlich ist das? Und was spricht dafür?
Mit 66 Jahren ist eine Berlinerin noch einmal Mutter geworden. Es ist ihr zehntes Kind. Gezeugt wurde es, sagt sie, auf natürlichem Wege. Die Norm ist das bei Weitem nicht. Denn schon ab 35 Jahren nimmt die Fruchtbarkeit von Frauen deutlich ab. Ab 50 Jahren sinkt die Wahrscheinlichkeit schwanger zu werden laut Berufsverband der Frauenärzte sogar gegen null. Dennoch geht der Trend seit Jahren hin zur späten Mutterschaft.
Während 1980 das Durchschnittsalter von Frauen beim ersten Kind bei gut 25 Jahren lag, ist es inzwischen auf über 30 gestiegen. Möglich wird das auch durch den medizinischen Fortschritt. Ohne Risiko ist es nicht. Die Gesundheitsgefahren wachsen mit dem Alter der Mutter. Eine späte Mutterschaft kann aber auch Vorteile mit sich bringen. Ein Überblick.
Wie wahrscheinlich ist es, spät noch Mutter zu werden?
Die Wahrscheinlichkeit in den Zwanzigern schwanger zu werden, liegt bei etwa 25 Prozent. Ab dem 30. Lebensjahr ist die Chance bereits auf 15 Prozent gesunken, ab 40 liegt die Wahrscheinlichkeit nur noch bei rund 5 Prozent. Ab 50 tendiert sie gegen null.
Der medizinische Fortschritt – künstliche Befruchtung, Leihmutterschaft, eingefrorene Eizellen, Eizellspende – macht es möglich, dass Frauen auch im fortgeschrittenen Alter jenseits der 50 noch Mutter werden können. Spontanschwangerschaften sind in diesem Alter unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich. Ein Beispiel: Die Chinesin Tian Ying brachte 2019 im Alter von 67 Jahren ein Mädchen zur Welt. Ying gilt als älteste bekannte Mutter eines natürlich gezeugten Kindes.
Was ist der Grund dafür, dass die Fruchtbarkeit bei Frauen mit dem Alter sinkt?
Frauen werden mit einem Reservoir an Eizellen geboren. Experten gehen davon aus, dass die Anzahl der unreifen Eizellen zu diesem Zeitpunkt bei rund einer Million liegt. Nach der Geburt werden keine weiteren Eizellen produziert. Zu Beginn der Pubertät sind von den Eizellen noch etwa 500.000 vorhanden.
Die Anzahl der Eizellen schrumpft also mit zunehmendem Alter, und auch ihre Qualität nimmt ab. So steigt das Risiko, dass Eizellen eine abnorme Chromosomenzahl aufweisen, bei Frauen ab 35 deutlich: Die Chance liegt bei über 50 Prozent. Bei über 40-Jährigen sogar bei 60 bis 80 Prozent. Damit steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dass ein Kind mit Behinderung geboren wird.
Bei einer von 100 Frauen ist die Eizellreserve sogar schon vor dem 40. Lebensjahr aufgebraucht.
Hat der Lebensstil Auswirkungen auf die Fortpflanzungsfähigkeit?
„Je später eine Schwangerschaft geplant wird, desto wichtiger ist die körperliche Gesundheit der Frauen und ihr Lebensstil“, ist auf der Webseite der Frauenärzte im Netz nachzulesen. Wer sich gesund ernähre, sich regelmäßig bewege und auf Nikotin verzichte, habe gute Chancen auch über 35 problemlos schwanger zu werden, heißt es dort. Faktoren wie: Stress, wenig Schlaf, ungesunde Ernährung, Alkohol und Nikotin gelten als abträglich für die Gesundheit und Furchtbarkeit.
Ab wann ist eine Schwangerschaft eine Risikoschwangerschaft?
Ist eine Frau bei ihrer ersten Schwangerschaft 35 oder älter, wird das obligatorisch als Risikoschwangerschaft gewertet und engmaschiger medizinisch betreut. Das gilt auch für Schwangerschaften unter 18 Jahren und Mütter über 40, die Mehrlinge erwarten.
Als Risikoschwangerschaft gelten Schwangerschaften, bei denen eine erhöhte Gefahr für Gesundheit und Leben von Mutter und Kind besteht. Bei der Einordnung spielen Faktoren wie Vorerkrankungen, frühere Fehl- oder Frühgeburten, Übergewicht, aber auch das Alter der Schwangeren eine Rolle. In den Zwanzigern ist das Risiko für Komplikationen bei Schwangerschaften am geringsten.
Welche Risiken bestehen für späte Mütter und ihre Kinder?
Die Gefahr für Schwangerschaftskomplikationen, Missbildungen und Krankheiten steigt mit zunehmendem Alter. Ab 35 erhöht sich unter anderem das Risiko für Fehl- und Frühgeburten, Schwangerschaftsdiabetes, hohen Blutdruck, Unterversorgung der Plazenta, Wucherungen in der Gebärmutter und Chromosomenveränderungen. So liegt die Wahrscheinlichkeit, dass eine 40-jährige Schwangere ein Kind mit einem Down-Syndrom bekommt, bei 1 zu 100. Ist die Schwangere 35, liegt die Wahrscheinlichkeit bei 1 zu 365; ist sie 20, liegt die Zahl bei 1 zu 2000.
Kann eine späte Mutterschaft auch Vorteile haben?
Eine Langzeitstudie des Max-Planck-Instituts für demografische Forschung legt nahe, dass eine späte Schwangerschaft durchaus auch Vorteile mit sich bringen kann. Aber die Umstände müssen stimmen. Die Forschenden argumentieren, dass die technischen und sozialen Entwicklungen in den westlichen Ländern die Gesundheitsrisiken einer Schwangerschaft in höherem Alter ausgleichen könnten.
Die Ergebnisse der Studie zeigten außerdem: Die Kinder von älteren Müttern, das gilt auch für über 40-Jährige, waren im Schnitt größer. Zudem waren sie besser in der Schule, und die Wahrscheinlichkeit, dass die Kinder eine Universität besuchten, lag demnach ebenfalls höher als bei Kindern mit jüngeren Müttern.
Quelle: Untersuchung Boston University, MSD Manual, BpB, NIH, Human Reproduction, MPI, Springer Nature, Population and Development Review, DMG, Bild