Weil er zwei Frauen bei Dreharbeiten begrapscht haben soll, muss sich der französische Schauspielstar Gérard Depardieu seit Montag vor Gericht in einem ersten Metoo-Prozess verantworten. Der 76-Jährige erschien persönlich vor Gericht und erklärte, auf alle Fragen antworten zu wollen. Eine 34-Jährige und eine 54-Jährige werfen Depardieu sexuelle Übergriffe und obszöne Bemerkungen bei Dreharbeiten in einer Pariser Wohnung im Jahr 2021 vor. Depardieu weist die Vorwürfe zurück.
„Mein Mandant will seine Wahrheit sagen. Er ist Opfer lügenhafter Beschuldigungen“, sagte sein Anwalt Jérémie Assous kurz vor Betreten des Gerichtssaals. Zum Auftakt des Prozesses ging der ganz in schwarz gekleidete Depardieu langsam zur Anklagebank, bestätigte seine Personalien und erklärte, auf die Fragen des Gerichts antworten zu wollen. Der Verlesung der Anklage hörte er schweigend zu.
Es ist das erste Missbrauchsverfahren gegen den Schauspieler, der jahrzehntelang zu den bekanntesten und beliebtesten Schauspielern Frankreichs zählte und mit seinen Rollen als Cyrano und Obelix im Gedächtnis blieb. Insgesamt haben etwa 20 Frauen öffentlich Missbrauchsvorwürfe gegen Depardieu erhoben, davon zwei wegen Vergewaltigung.
Depardieus Anwalt erklärte, dass 19 potenzielle Entlastungszeugen nicht ausreichend befragt worden seien. Die Klage der Frauen habe „den Effekt einer Atombombe“ gehabt, sagte Assous. Er prangerte eine „Hetzjagd“ auf den Schauspieler an.
Zu den im Prozess geladenen Zeuginnen zählt die Schauspielerin Fanny Ardant, eine Unterstützerin Depardieus. Auch seine Ex-Partnerin Karine Silla und die gemeinsame Tochter saßen im Gerichtssaal. Unter den Zuschauerinnen befand sich auch die Schauspielerin Charlotte Arnould, die Depardieu bereits 2018 wegen Vergewaltigung angezeigt hatte. Eine Entscheidung darüber, ob es in ihrem Fall zu einem Prozess kommt, steht noch aus.
Im Oktober war der Prozessauftakt wegen gesundheitlicher Probleme Depardieus verschoben worden. Der Schauspieler habe mehrere Bypässe erhalten und leide an Diabetes, hatte der Anwalt betont. Die medizinischen Experten erklärten ihn nun für prozessfähig. Der Richter kündigte einige Ausnahmeregelungen an, um seine angeschlagene Gesundheit zu berücksichtigen. So sollen die Verhandlungen nicht länger als sechs Stunden dauern. Depardieu verfolgte die Verhandlung am Montag auf einem breiten Hocker sitzend, den er sich eigens in den Gerichtssaal hatte bringen lassen.
Vor dem Gerichtsgebäude demonstrierten kurz vor Prozessbeginn etwa hundert Frauen. „Nein zur Kultur der Gewalt“ und „Wir glauben euch“, war auf Transparenten zu lesen.
Die Missbrauchsvorwürfe der beiden Frauen hatte zunächst das Investigativmagazin „Mediapart“ veröffentlicht. Demnach hatte Depardieu sich bei einem Dreh in einer Pariser Wohnung lautstark darüber beschwert, dass es keinen Ventilator gebe. „Bei der Hitze kriege ich keinen mehr hoch“, habe er gerufen. Anschließend habe er eine Dekorateurin „brutal festgehalten“, sie an Bauch und Brüsten begrapscht und obszöne Bemerkungen gemacht, berichtete „Mediapart“.
Als die Frau sich gewehrt habe, seien Depardieus Sicherheitsleute eingeschritten und hätten den Schauspieler weggezogen. „Wir sehen uns wieder, Schätzchen“, habe Depardieu dabei gerufen. Die zweite Klägerin, eine Regie-Assistentin, wirft Depardieu mehrfache Busen-Grapschereien vor.
Depardieu hatte im Oktober 2023 in einem offenen Brief erklärt, er habe „niemals eine Frau missbraucht“. Er sei sein Leben lang „provokant, überschwänglich und manchmal grob“ gewesen, „aber nie ein Vergewaltiger“.
Der für sein ungehobeltes Auftreten bekannte Schauspieler arbeitete mit den bedeutendsten Filmschaffenden des Landes zusammen und spielte in mehr als 200 Filmen und Serien mit. Allerdings fiel er in den vergangenen Jahren immer tiefer in Ungnade – nicht nur wegen der Missbrauchsvorwürfe, sondern auch wegen seiner Steuerflucht aus Frankreich, der Annahme der russischen Staatsangehörigkeit und der Nähe zu Russlands Staatschef Wladimir Putin.
Während eine frühere Kulturministerin bereits seinen Ausschluss aus der Ehrenlegion einleitete, erhielt Depardieu noch Rückendeckung des französischen Präsidenten Emmanuel Macron. Dieser kritisierte eine „Hetzjagd“ auf den Schauspieler und erklärte noch Ende 2023, Frankreich könne „stolz“ auf ihn sein. Seitdem hat Macron sich in der Öffentlichkeit allerdings nicht mehr zu Depardieu geäußert.