Grundgesetzänderung: Bundesrat stimmt für milliardenschweres Finanzpaket von Union und SPD

Die Länderkammer hat mit einer deutlichen Mehrheit den Weg für das Sondervermögen für Verteidigung und Infrastruktur frei gemacht.

Der Bundesrat hat der Lockerung der Schuldenbremse zugunsten höherer Verteidigungsausgaben und dem Sondervermögen Infrastruktur in Höhe von 500 Milliarden Euro zugestimmt. Am Freitag wurde in der Länderkammer die dafür notwendige Zweidrittelmehrheit zur Änderung des Grundgesetzes erreicht. Es war die letzte parlamentarische Hürde für das Vorhaben.

Bei der Abstimmung am Freitag votierten zwölf der 16 Länder mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit für die notwendigen Grundgesetzänderungen. Nötig für die Zustimmung der Länderkammer waren 46 von 69 Stimmen. Die Schwelle wurde mit 53 Stimmen nun klar überschritten. Nicht für das beispiellose Schuldenpaket votierten Brandenburg und Thüringen, wo das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) in Koalitionen mitregiert, sowie Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt, wo die FDP mit in der Regierung sitzt.

Die Zweidrittelmehrheit im Bundesrat hatte lange als unsicher gegolten, weil unklar war, wie Landesregierungen abstimmen würden, in denen Linke, FDP, Freie Wähler und BSW mitregieren. Am Montag hatte allerdings Bayern ein Ja angekündigt. Am Freitagmorgen teilten auch Mecklenburg-Vorpommern und Bremen mit, dass sie zustimmen werden. In beiden Ländern gibt es SPD-Linke-Regierungen. Die Zustimmung der Landesregierungen mit ausschließlicher Regierungsbeteiligung von SPD, Union und Grünen galt ohnehin als sicher.

Kretschmann: Es geht um die Selbstbehauptung Europas

Im Bundesrat rechtfertigte Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann das Aufweichen der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse mit der sich dramatisch ändernden Weltlage. „Es geht um nicht weniger als die Selbstbehauptung Europas – sicherheitspolitisch, wirtschaftlich und technologisch“, sagte der Grünen-Politiker. 

Es gehe auch um die Selbstbehauptung unserer Werte von Frieden, Freiheit und Demokratie. „Auf so eine außergewöhnliche Herausforderung kann man nicht mit gewöhnlichen Mitteln reagieren.“

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer sagte, mit Geld allein ließen sich die Probleme Deutschlands nicht lösen. Der CDU-Politiker mahnte Strukturreformen an. „Dieser zweite Schritt muss kommen.“ Nötig sei eine neue Dynamik. „Wir müssen Wachstumsbremsen lösen.“ 

Bremens Regierungschef Andreas Bovenschulte (SPD) forderte, für die nun möglichen Investitionen in die Infrastruktur rasch die nötigen Ausführungsgesetze zu beschließen. „Was nutzt uns das schönste Sondervermögen, wenn wir es in der Praxis nicht hinbekommen?“

Grundgesetz wird für Lockerung der Schuldenbremse geändert

Mit dem Finanzpaket wollen die voraussichtlichen künftigen Koalitionspartner Union und SPD auf die verschärfte Bedrohungslage vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs in der Ukraine sowie jahrzehntelange Versäumnisse bei der Erneuerung der Infrastruktur reagieren. 

Geplant ist, dass die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse, die der Neuverschuldung des Bundes enge Grenzen setzt, gelockert wird, um hohe Ausgaben für Verteidigung, Zivilschutz, Nachrichtendienste und Cybersicherheit zu ermöglichen. Für alle diese Ausgaben, die ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts überschreiten, dürfen Kredite aufgenommen werden. Das wäre in diesem Jahr alles über etwa 44 Milliarden Euro.

Außerdem wird ein Sondervermögen geschaffen, für das die Schuldenbremse nicht gilt und das mit Krediten bis zu 500 Milliarden Euro gefüttert wird. Daraus soll die Instandsetzung der maroden Infrastruktur in Deutschland bezahlt werden. 100 Milliarden Euro sollen an die Länder gehen, weitere 100 Milliarden Euro sollen fest in Klimaschutz und den klimafreundlichen Umbau der Wirtschaft fließen.

Bundespräsident prüft das Gesetz abschließend

Nach der Annahme durch die Länderkammerwird Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier das Gesetz daraufhin prüfen, ob es verfassungsgemäß zustande gekommen ist. Mit seiner Unterschrift und der anschließenden Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt wird die Änderung des Grundgesetzes wirksam.

Mehr Informationen dazu in Kürze hier beim stern.

Hinweis: Dieser Artikel wurde aktualisiert und um weitere Informationen ergänzt.

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