Dutzende Kinder – eine Fachkraft? Dieser Personalschlüssel schmeckt den meisten Trägern nicht.
An großen Kita-Gruppen mit nur einer Fachkraft auf bis zu 60 Kinder zeigen trotz aller Besetzungsnöte bislang nur wenige Träger in Nordrhein-Westfalen Interesse. In den ersten zweieinhalb Monaten seit Inkrafttreten einer umstrittenen neuen Kita -Personalverordnung gab es landesweit nur sechs Anträge bei drei Ablehnungen. Das geht aus einer Antwort des NRW-Familienministeriums auf eine SPD-Anfrage hervor.
Die seit Anfang Dezember geltende Verordnung soll flexiblere Reaktionen auf nicht vorhersehbare Personalengpässe, etwa nach akuten Krankheitswellen, ermöglichen. Ergänzungskräfte, wie Kinderpflegerinnen, können seitdem zeitlich begrenzt für eine Fachkraft – also eine Erzieherin – einspringen. Für 60 Kinder, aufgeteilt auf mehrere Gruppen in einer Einrichtung, lässt sich damit die Verantwortung auf eine Fachkraft und fünf Kinderpflegerinnen aufteilen.
Breite Welle gegen „Kinderverwahrung“
Dagegen waren Zigtausende Protestunterschriften gesammelt worden. Kritiker befürchten, dass Kitas zu „Aufbewahrungsstätten“ werden.
Bis zum 25. Februar hatten sechs Träger aus den Jugendamtsbezirken Beckum, Bonn, Köln, Wesel, sowie den Kreisen Düren und Rhein-Sieg einen Antrag gestellt, wie die Ministerin mitteilte. In drei Fällen habe es Bewilligungen für jeweils sechs Wochen gegeben. Die drei anderen Anträge seien abgelehnt worden, weil keine oder zu wenige Ergänzungskräfte im Sinne der Personalverordnung verfügbar gewesen seien, um die fehlenden Fachkraftstunden auszugleichen.
Opposition: „Versuchsballon geplatzt“
„Der erhoffte Befreiungsschlag bei den Kita-Schließungen ist erkennbar ausgeblieben“, bilanzierte der familienpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Dennis Maelzer, in Düsseldorf. In den vergangenen beiden Monaten seien landesweit mehr als 4.000 Kitas von personellen Unterbesetzungen betroffen gewesen. Damit habe sich die Zahl solcher Meldungen im Vergleich zum Vorjahr deutlich erhöht. Die Gegenmaßnahmen von NRW-Familienministerin Josefine Paul (Grüne) verpufften, monierte der Oppositionspolitiker.
Statt Personal einzusparen, müsse verstärkt in die Ausbildung zusätzlicher Fachkräfte investiert werden. „Hier lässt Schwarz-Grün die finanziell ausgebluteten Träger noch immer draufzahlen“, meinte Maelzer. „Wenn die neue Personalverordnung ein Testballon sein sollte, ob schlechtere Personalstandards ein Ausweg sind, dann ist dieser geplatzt.“ Von ähnlichen Ideen für die anstehende Revision des Kinderbildungsgesetzes solle die Ministerin Abstand nehmen.