Muss sich das Oberlandesgericht Dresden noch einmal mit Lina E. beschäftigen – oder muss die Linksextremistin ins Gefängnis? Der BGH hat den Fall geprüft.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die mehrjährige Haftstrafe gegen die Linksextremistin Lina E. wegen Angriffen auf Rechtsextreme bestätigt. Der dritte Strafsenat in Karlsruhe änderte den Schuldspruch im Detail, ohne dass das aber Auswirkungen auf die Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten hat.
Das Oberlandesgericht Dresden verurteilte die Studentin im Mai 2023 zu fünf Jahren und drei Monaten Haft. Sie soll als Mitglied einer kriminellen linksextremistischen Gruppe an mehreren Überfällen auf tatsächliche und vermeintliche Neonazis in Ostdeutschland beteiligt gewesen sein.
E. soll in der Gruppe eine „herausgehobene Stellung“ innegehabt haben. Der Prozess gegen sie und mutmaßliche Mitstreiter machte bundesweit Schlagzeilen. Das Urteil löste bundesweit heftige Proteste in der linksradikalen Szene aus. E. selbst wandte sich gegen das Dresdner Urteil an den BGH, ebenso die Bundesanwaltschaft, die eine höhere Strafe erreichen will.
Muss das OLG neu verhandeln?
Im Februar verhandelte der BGH in Karlsruhe daher mündlich zu der Sache. Beide Seiten beantragten dort, unterschiedliche Teile des mehr als 400 Seiten langen Urteils aufzuheben und zur neuen Entscheidung zurückzuverweisen.
Ein Argument dabei ist, dass der BGH nach dem Dresdener Urteil seine Rechtssprechung zur Bewertung weiterer Taten bei Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung geändert hat. Außerdem ging es um die Frage, ob E. als Rädelsführerin agierte. Das OLG hatte ihr zwar eine herausgehobene Stellung in der Gruppe attestiert, eine Rädelsführerschaft aber verneint.
BGH prüft Rechtsfehler im Fall Lina E.
Die obersten Strafrichterinnen und -richter Deutschlands prüfen das Urteil des OLG ausschließlich auf Rechtsfehler. Es wurden also keine Zeugen gehört oder neuen Beweise erhoben. Das Gericht hatte für die Verhandlung die Anmelde- und Zugangsregelungen für Pressevertreter und Zuschauer verschärft. Auch für die Verkündung gelten diese strengeren Regeln.
Rechtsfehler habe es keine gegeben, sagte der Vorsitzende Richter. In der Urteilsverkündung betonte er: „Das Mittel der politischen Auseinandersetzung ist das Wort, nicht die Gewalt.“
Lina E. ist derzeit auf freiem Fuß. Zu der Verkündung in Karlsruhe war sie selbst nicht erschienen. Der Haftbefehl gegen sie wurde mit dem Dresdner Urteil 2023 unter Auflagen außer Vollzug gesetzt – nach zweieinhalb Jahren in Untersuchungshaft kam sie also trotz der verhängten Freiheitsstrafe zunächst frei. Die Reststrafe muss sie nun verbüßen, da das Urteil rechtskräftig ist.
Wie lange genau E. noch in Haft kommt, muss nach Angaben ihres Anwalts nun ausgerechnet werden. Dabei werde etwa die Untersuchungshaft berücksichtigt.
Hinweis: Dieser Artikel wurde aktualisiert und um weitere Informationen ergänzt.