Rohstoffe: Tiefseebergbau – Motor der Energiewende oder Öko-Katastrophe?

Dürfen bald Unternehmen mit dem Tiefseebergbau beginnen? Während die Firmen auf satte Gewinne hoffen, befürchten Wissenschaftler die Zerstörung von Lebensräumen.

Nicht erst der aktuelle Konflikt um die Vergabe von Abbaulizenzen in der Ukraine zeigt: Rohstoffe sind nicht nur wirtschaftlich bedeutsam, die Gewinnung von Erzen ist immer auch ein Politikum. Und so verfolgen neben Bergbauunternehmen auch nationale Behörden und Umweltschützer die Generalversammlung der Internationalen Meeresbodenbehörde (ISA) in Jamaika, die noch bis Ende März stattfindet. Denn bereits im kommenden Sommer will die kanadische Firma The Metals Company (TMC) erstmals eine Lizenz für die kommerzielle Nutzung von Erzlagerstätten in der Tiefsee beantragen und im Jahr 2026 mit dem Abbau beginnen.     

Um welche Rohstoffe geht es? 

Die häufigste und aus Sicht von Bergbauunternehmen lohnendste Form von Rohstoffen in der Tiefsee sind sogenannte Manganknollen. Wobei der Begriff etwas irreführend ist. Tatsächlich bestehen die etwa Kartoffel bis Handball großen schrumpeligen Gebilde aus einem Gemisch unterschiedlicher chemischer Verbindungen. Die größten Anteile daran haben Mangan und Eisen, daneben enthalten die Knollen Kupfer, Nickel und Kobalt und andere Metalle. Einige der Rohstoffe sind wichtige Bestandteile von Akkus, daher lohne sich auch der aufwendige Abbau in der Meerestiefe, argumentieren die Befürworter des Tiefseebergbaus.    

Wo gibt es schon Tiefseebergbau? 

Kommerziell abgebaut, beziehungsweise eingesammelt, werden die Manganknollen noch nicht. Eine Region, in der schon potenzielle Abbaugebiete festgelegt wurden, ist die sogenannte Clarion-Clipperton-Zone im Pazifik, etwa auf halbem Weg zwischen Hawaii und Mexiko. Zuständig für die Vergabe von Bergbaulizenzen ist dort unter anderem der Staat Nauru, den sich das Unternehmen TMC als Partner gesichert hat. Die meisten Abbauflächen befinden sich jedoch in internationalen Gewässern, für die kein Einzelstaat zuständig ist. Hierfür gibt es bislang kein Regelwerk. Auf der Generalversammlung der ISA wird darüber sicherlich diskutiert werden. Ob es zu einem Entschluss kommt, ist unklar.

Was sind die Risiken?

Biologen befürchten, dass durch den Abbau der Knollen ganze Lebensgemeinschaften zerstört werden. 1989 starteten deutsche Forscher eine Versuchsreihe im Südpazifik, bei der 20 Prozent eines zehn Quadratkilometer großen Areals mit Manganknollen umgepflügt wurden. Wissenschaftler untersuchten auf den abgeernteten Flächen am Meeresgrund, ob und wie sich dort das Leben regeneriert. Die Bilanz: Auch nach 26 Jahren waren nur etwa die Hälfte der Organismen auf der abgeernteten Fläche zurückgekehrt, einige Tiergruppen wie Schwämme und Weichkorallen litten besonders unter den so dramatisch veränderten Lebensbedingungen. Zum einen fehlten ihnen die Knollen zur Besiedlung, zum anderen bedeckt das beim Abbau aufgewirbelte Sediment am Meeresboden auch nicht bearbeitete Flächen und die auf ihnen lebenden Organismen.

Die Schäden, die ein großflächiger Abbau verursachen würde, wären vermutlich sehr stark und langanhaltend, fürchten Forscher daher. Zudem seien viele der Lebensgemeinschaften auf und neben den Manganknollen noch gar nicht erforscht oder überhaupt bekannt. Erst im vergangenen Jahr entdeckten Wissenschaftler zu ihrer Überraschung, dass einige der metallenen Knollen Sauerstoff produzieren. Eine absolute Sensation. Umweltverbände laufen Sturm, um den aus ihrer Sicht unnötigen und zerstörerischen Abbau der Mineralien vom Meeresboden zu verhindern.

Wie verhalten sich Deutschland und andere Länder zu der Frage? 

Deutschland spricht sich aktuell gegen den Tiefseebergbau aus. Das norwegische Parlament beschloss noch zu Beginn vergangenen Jahres, schrittweise den Abbau von Mineralien auf dem norwegischen Festlandsockel in der Arktis zu genehmigen. Norwegen wäre damit einer der Vorreiter der Technologie gewesen. Ende 2024 beschloss das norwegische Parlament dann, erst einmal keine Lizenzen zum Abbau von Bodenschätzen am Meeresgrund zu vergeben. Neuguinea hatte bereits vor Jahren dem kanadischen Unternehmen Nautilus Minerals eine Abbaulizenz erteilt. Das Projekt scheiterte schließlich an der Finanzierung.

Lohnt sich der Bergbau in der Tiefsee?

Norwegens Antrieb für den möglichen Abbau der Manganknollen in der arktischen Tiefe ist das drohende Ende der fossilen Energienutzung, also dann, wenn in absehbarer Zeit keine weiteren Öl- und Gasvorkommen in der Nordsee angezapft werden sollten. Doch Fachleute streiten sich darüber, ob sich der aufwendige Tiefseeabbau tatsächlich rentiert. Die für die Elektromobilität wichtigen Beimengungen von Nickel und Kobalt seien zu gering und deren Weltmarktpreis zu niedrig, als dass sich die Bergung der Manganknollen lohnen würde, sagt Matthias Haeckel vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung. Und am Hauptbestandteil der Knollen, dem Mangan, herrscht derzeit kein Mangel, ebenso wenig bei Kupfer und Eisen. 

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