Ohne Stimmen der oppositionellen Linke-Fraktion kann Thüringens Brombeer-Koalition keinen Haushalt beschließen. Nun ist eine Lösung gefunden – mit Zugeständnissen an die Linke.
Thüringens Regierungskoalition aus CDU, BSW und SPD hat sich mit der Linke-Fraktion auf einen Haushalts-Kompromiss verständigt – und dabei Zugeständnisse in wichtigen Fragen wie Kita-Gebühren und Abschiebehaft an die Oppositionspartei gemacht. „Wir haben eine Einigung, das ist die gute Nachricht des Tages“, sagte CDU-Landtagsfraktionschef Andreas Bühl nach einer Fraktionssitzung. Der Etat könne nun in der ersten Aprilwoche vom Landtag beschlossen werden. Die Linke, auf deren Stimmen die Koalition wegen des Patts im Landtag angewiesen ist, signalisierte Zustimmung zu dem Etat.
Beitragsfreies drittes Kita-Jahr
„Unsere Handschrift ist in diesem Haushalt sichtbar und spürbar“, zeigte sich Linke-Fraktionschef Christian Schaft zufrieden. Die Linke konnte in den Verhandlungen mit dem geplanten dritten beitragsfreien Kindergartenjahr eine ihrer Kernforderungen durchsetzen, außerdem erreichte sie Schaft zufolge auch zusätzliche Mittel etwa bei Krankenhausinvestitionen und in der Pflege.
Ab 1. August 2027 sollen Eltern von Kindergartengebühren auch im dritten Kita-Jahr befreit werden, für die ersten beiden Kita-Jahre müssen sie bereits jetzt keine Elternbeiträge zahlen. Die finanziellen Weichen für das dritte beitragsfreie Jahr würden bereits mit dem diesjährigen Haushalt gestellt, in den eine Verpflichtungsermächtigung in Höhe von 15 Millionen Euro für das Jahr 2027 enthalten sein werde, so Bühl.
Die Kommunen dürften dabei nicht auf den Kosten für die Kindergärten sitzen bleiben. „Das muss ausfinanziert werden.“ Eine Expertenkommission solle vorab prüfen, wie sich die Finanzbeziehungen zwischen Land und Kommunen als Folge der Beitragsfreiheit entwickeln müssten. Nach Angaben von Linke-Fraktionschef Schaft bedeuten drei beitragsfreie Jahre für Eltern eine finanzielle Entlastung von rund 4.500 Euro je Kind.
Kein separates Geld für Abschiebegefängnis im Haushalt
Keine separaten Gelder sollen nach Angaben von CDU und Linke im Haushalt für die umstrittene Einrichtung einer Abschiebungshaftanstalt in Thüringen reserviert werden. „Sie steht nicht mehr mit gesonderten Mitteln im Haushalt“, sagte Schaft. Damit hat sich die Linke zunächst durchgesetzt. Sie hatte erklärt, einem Landeshaushalt nicht zuzustimmen, der Geld für die Einrichtung von Abschiebehaftplätzen vorsieht. Die CDU hatte immer wieder erklärt, das Projekt sei für sie nicht verhandelbar. Dabei geht es um etwa zwei Millionen Euro für Investitionen sowie die Einstellung einiger Justizbeschäftigter.
Für die CDU ist das Thema aber nicht vom Tisch, wie Bühl sagte. Nunmehr müssten Beschlüsse auf Bundesebene und zum Landeshaushalt abgewartet werden, um Wege zur Finanzierung einer Haftanstalt für vor der Abschiebung stehende Ausländer zu finden. Hintergrund sind die laufenden Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD, in denen auch die finanzielle Unterstützung der Bundesländer bei Abschiebungen eine Rolle spielt.
Haushaltsvolumen knapp unter 14 Milliarden Euro
Das Haushaltsvolumen dürfte sich nach Angaben der CDU-Finanzpolitikerin Ulrike Jary knapp unter 14 Milliarden Euro bewegen. 155 Millionen Euro sind für die Kommunen bestimmt. Rund 32 Millionen Euro stehen für Krankenhäuser zur Verfügung. Der Großteil der Summe ist für Aufwendungen bei Umstrukturierungen gedacht. Für Investitionen in die Pflegeinfrastruktur stünden 4 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung, so Schaft. Ziel sei die Entlastung von Pflegebedürftigen und deren Angehörige von hohen Heimkosten. 500 Millionen Euro wandern in die Rücklage. Damit sei Thüringen zukunftssicher aufgestellt, sagte Bühl.
Thüringens Finanzlage ist angespannt. Zur Milderung der Haushaltsmisere will die Regierungskoalition die Rückzahlung der Corona-Kredite von 15 auf 30 Jahre strecken, den bestehenden Schuldentilgungsmechanismus aussetzen und bei der Berechnung des Spielraums der Schuldenbremse das Bundesmodell übernehmen. Dadurch sollen etwa 400 Millionen Euro zusammenkommen.
Aus Sicht von Ministerpräsident Mario Voigt (CDU) zeigt der gefundene Kompromiss, dass Thüringen stabil und handlungsfähig ist. Er sei froh, dass das Land zeitnah einen Haushalt bekomme, äußerte er.
Der Verband der Wirtschaft Thüringens (VWT) und der Thüringische Landkreistag begrüßten die Einigung. „Das kommunale Finanzpaket ist gut angelegtes Geld, um den Kommunen mehr Handlungsfähigkeit zu ermöglichen“, erklärte der VWT. Die im Kommunalpaket enthaltenen zusätzlichen Mittel für die Landkreise in Höhe von 42 Millionen Euro seien notwendig, um die dramatisch steigenden Sozialausgaben der Landkreise zumindest abzufedern, erklärte Landkreistag-Präsident Christian Herrgott (CDU).
Die Brombeer-Koalition hat im Landtag keine eigene Mehrheit. Sie verfügt im Landtag nur über 44 von 88 Sitzen – um das Patt aufzulösen, sind mindestens eine Stimme der Opposition oder Enthaltungen nötig.