Der Fünfte beim Dritten. Freiburg und Mainz mischen die Liga auf. Julian Schuster legt als Streich-Erbe beim SC einen erstaunlichen Weg hin. Zeit, darüber nachzudenken, hat er offenbar aber kaum.
Normalerweise müsste sich Julian Schuster gelegentlich kneifen. Gleich in seiner ersten Saison, in der er das schwere Erbe des langjährigen Cheftrainers Christian Streich antrat, steuert er mit dem SC Freiburg in der Fußball-Bundesliga geradewegs auf die Europapokalränge zu. Womöglich endet der badische Höhenflug sogar in der Champions League.
Doch Schuster hat laut eigener Aussage gar keine Zeit dafür, groß darüber nachzudenken. Der 39-Jährige ist voll im Tunnel, mit dem Kopf schon wieder beim nächsten Spiel. In Mainz messen sich die Teams der Stunde.
Dritter gegen Fünfter. Dass die Rheinhessen und die Breisgauer am Samstag (15.30 Uhr/Sky) um Punkte für den möglichen Einzug in die Königsklasse kämpfen – vor der Saison hätten „darauf wahrscheinlich die wenigsten gesetzt“, sagt Schuster. Die Freiburger reisen nach sechs Partien ohne Niederlage und Gegentor voller Selbstvertrauen zu den 05ern. Die wiederum feierten zuletzt vier Siege in Serie. Es ist alles angerichtet für ein Spitzenspiel.
Mainzer Henriksen ein „Unikat“
Der Aufwand, den sie betreiben, und die Geschlossenheit, mit der sie auftreten – das seien die großen Trümpfe der Mainzer, findet Schuster. Und damit eine Parallele zum Spiel seiner eigenen Mannschaft. Sicher gibt es in beiden Teams große Einzelkönner. Beim FSV etwa die für die anstehenden Nations-League-Spiele der deutschen Nationalelf nominierten Jonathan Burkardt und Nadiem Amiri. Beim SC die Edeltechniker Vincenzo Grifo und Ritsu Doan. In Summe leben sowohl die Freiburger als auch die Mainzer aber vom starken Kollektiv.
Und von ihren Trainern. Der Mainzer Bo Henriksen ist ein Energiebündel durch und durch. Ein „Unikat“, wie Schuster meint. Und „einen Tick impulsiver“ als er. Im Vergleich zu seinem dänischen Kollegen kommt der SC-Coach ruhig und introvertiert daher. Doch beide haben sie es geschafft, ihre Teams mit auf den jeweiligen Weg zu nehmen. Der führt aktuell steil und rasant nach oben.
Europapokal? Schuster hält sich zurück
„Ich habe das Gefühl, der Alltag rast an mir vorbei“, sagt Schuster. Kaum sei ein Spiel abgehakt, stehe schon das nächste an. Er genieße die tägliche Arbeit mit den Spielern und seinem Trainerteam, erklärt der Ex-Profi. Vor der Saison habe es vielleicht ein paar Fragezeichen mehr gegeben, wohin sich das unter ihm als Streich-Nachfolger alles entwickelt. Aber so wirklich einordnen oder resümieren konnte er sein erstes Dreivierteljahr als Chefcoach des SC offenbar noch nicht.
41 Punkte haben die Freiburger an den ersten 25 Spieltagen schon geholt. Das ist nur einer weniger als in der kompletten Vorsaison. Von ihrer gewohnten badischen Bescheidenheit rücken sie aber kein Stück ab. Auch nicht vor dem Duell mit den Mainzern, die an der oberen Tabellenregion Gefallen gefunden haben und zunehmend forscher werden. Es sei „immer noch unglaublich eng“, sagt Schuster. Für Träumereien ist in seinem Tunnel kein Platz.